Der Prinz verliert gegen seinen Ex-Anwalt

Ernst August von Hannover versucht, seinen Ruf wieder herzustellen – und scheitert damit vorerst kläglich vor dem Landgericht. Der Adelige erhält kein Schmerzensgeld für ein angeblich falsches Geständnis seines Anwalts

Prinz Ernst August von Hannover – allein der Name lässt Adelsberichterstattern weltweit die Tinte an der Feder zusammenlaufen. Ist das nicht der Typ, der gegen den türkischen Expo-Pavillon urinierte? Der verbal gegen Bild-Redakteure randalierte? Der Reporter mit Schirmen prügelte und einen Hotelier in Kenia total besoffen mit einem Schlagring krankenhausreif geschlagen haben soll?

Zumindest letztere Begebenheit streitet Ernst August inzwischen ab. Dabei hatte sein damaliger Anwalt vor vier Jahren zugegeben, dass Ernst August „möglicherweise“ in Kenia „nicht nur Milch und Brause getrunken“ habe. Sondern auch, dass ein Begleiter dem Prinzen „möglicherweise“ einen „Gegenstand“ - den Schlagring - in die Hand gedrückt haben könnte.

Was genau am 31. Januar 2000 in Kenia passiert ist, versucht der Prinz gerade in einem Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht in Hildesheim zu „klären“. Zugegeben hat er bereits zwei Ohrfeigen, leider rausgerutscht in der Erregung. Aber dass sein Ex-Anwalt Jochen Heidemeier ihn damals vor Gericht der Prügeleien „bezichtigt“ habe, sei „eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts“ gewesen, wetterte gestern der aktuelle Welfen-Anwalt Hans Wolfgang Euler. Zuvor hatte er vor dem Landgericht Hannover eine herbe Niederlage einstecken müssen.

„Es kann nicht sein, dass ein Verteidiger gegen den Willen seines Mandanten Erklärungen abgibt“, sagte Euler. Das Landgericht habe mit seiner Entscheidung „die Mehrheit der deutschen Strafrechtler gegen sich“. Logisch werde er gegen das Urteil Berufung einlegen.

Hintergrund ist ein Strafprozess, in dem Ernst August Ende 2004 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 445.000 Euro verurteilt wurde. Dazu war es nach einem „Deal“ mit dem Staatsanwalt gekommen. Der ließ für das Geständnis einen weiteren Anklagepunkt fallen, der dazu geführt hätte, dass der Prinz zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden wäre: Dabei geht um einen angeblichen Tritt des Prinzen in das Gesäß einer Fotografin im August 1999, nach dem Ernst August zunächst einen Strafbefehl in Höhe von 800.000 Mark erhalten hatte.

Von 500.000 Euro auf 250.000 Euro auf zuletzt 5.000 Euro hatte der Prinz seine Schmerzensgeldforderung gegen seinen einstigen Verteidiger reduziert. Nichts davon steht ihm nach dem Urteil zu. Zwar war das Vorgehen des Prinzen-Anwalts nicht mit Ernst August abgesprochen, befand der Richter. Dennoch: Das „prozesstaktische Vorgehen des Beklagten“ sei durch das Mandat „gedeckt und nicht rechtswidrig gewesen“, heißt es in dem Urteil. Der Ex-Anwalt des Prinzen habe sich in einer „problematischen Lage“ befunden, Heidemeier selbst hatte es als „Zwickmühle“ bezeichnet. Dass des Prinzen Ex-Anwalt „einen aus seiner Sicht sicheren Weg“ eingeschlagen habe, sei ihm nicht vorzuwerfen, sagte das Gericht.

Die „Individualspähre“ des Prinzen sei zwar „tangiert“, die Berichterstattung über den „Prügel-Prinzen“ sei dem „Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit abträglich“ gewesen, heißt es im Urteil. Aber auch ohne die umstrittene Erklärung hätte „ein erhebliches Interesse der Medien“ bestanden. Die hätten ja „seit längerer Zeit über Verhaltensweisen des Klägers berichtet“. Die Yellows gingen sogar so weit, Fotos des Blaubluts mit einem Glas in der Hand mit Storys über seine Bauchspeicheldrüsenerkrankung zu kombinieren – das hat der Bundesgerichtshof vor zwei Wochen jedoch verboten.

Schmerzensgeld könne Ernst August nur bekommen, wenn sein Persönlichkeitsrecht „rechtswidrig“ verletzt worden ist, heißt es in dem Urteil. Anwälte seien jedoch berechtigt, zu schummeln, also „eine andere Prozesstaktik zu verfolgen, als der Angeklagte es wünscht, wenn andernfalls zu befürchten ist, dass der Angeklagte durch verfehltes Agieren Nachteile erfährt“. KAI SCHÖNEBERG