Amerika ist total toll

Angela Merkel gefällt es und sich gut in den USA

WASHINGTON taz ■ Es ist eine Anti-Gerhard-Show und eine Verbeugung vor dem großen Bruder.

Nachdem Angela Merkel am Montag kurz bei Dick Cheney, Donald Rumsfeld und Condoleezza Rice vorbeigeschaut hatte, für die es sich allenfalls um eine protokollarische Randnotiz handelte, was von Merkel jedoch als besondere Freundschaftsgeste aus dem Innern der US-Macht interpretiert wurde, sprach sie vor zahlreichen Gästen der Konrad-Adenauer-Stiftung. Sie redete über die Herausforderungen der transatlantischen Beziehungen, eine gestreckte Version ihres Kommentars aus der Washington Post, der letzte Woche für böses Blut zwischen Regierung und Opposition in Berlin gesorgt hatte. Rot-Grün kann sich immerhin trösten, dass die gleiche Zeitung Merkel am Dienstag schon wieder vergessen hatte.

Merkel erneuerte ihre Kritik an der deutsch-französischen Nato-Blockade in Sachen Türkeihilfe und mahnte, ohne zu sagen, warum, dass die Bedrohung durch Saddam Hussein Fakt und keine Fiktion sei. Dann gratulierte sie der Bush-Regierung zu ihrer neuen Irakresolution im UNO-Sicherheitsrat.

Merkel hat sich auf ihrer „Die CDU steht zu euch“-Mission Schröders „uneingeschränkte Solidarität“ zu Eigen gemacht, nur übersehen, dass sich die Vorzeichen geändert haben. Ihr Motto: Dem sensiblen Amerikaner bloß nicht wehtun, dafür dem Kanzler daheim. Daher verstrickte sie sich in atemberaubende Widersprüche. So dürfe man keine Partnerschaften gegeneinander ausspielen, sagte sie und tat genau das. Dann verkündete sie tatsächlich, innenpolitische Differenzen sollten nicht im Ausland ausgetragen werden. Und schließlich proklamierte sie eine selbstbewusste deutsche Interessenvertretung – und machte gerade lieb Kind. Nur einmal kam milde Kritik über ihre Lippen. Dass die USA das Kioto-Protokoll abgelehnt haben, finde sie nicht so toll.

Für Merkel ist die Welt in Washington in Ordnung. Keine Reflexionen über den dramatischen Wandel der US-Außenpolitik, Präventivkriege und die Wurzeln der transatlantischen Entfremdung. Ihr Rezept: „Wenn wir es nicht so machen, wie es sich die Amerikaner wünschen, dann machen sie es ohne uns.“ Schöne Freundschaft. MICHAEL STRECK