Stille Subvention im Wahlkampf

Der Bund der Steuerzahler kritisiert die Praxis in Köln, den Parteien das kostenlose Aufstellen von Wahlplakaten zu erlauben. Doch die Stadt sagt, sie handle lediglich nach geltenden Vorschriften

VON FRANK ÜBERALL

Trotz klammer Kassen wollen die Kölner Parteien in diesem Jahr einen wirksamen Doppelwahlkampf hinlegen. Allen Beteuerungen zum Trotz, auf eine „Massenplakatierung“ zu verzichten, wollen alle zur Europa- und zur Kommunalwahl gut da stehen. Zum ersten Mal wird die Stadt Köln den Parteien aber keine eigenen Werbeflächen mehr zur Verfügung stellen.

Bisher hatte die „Kölner Außenwerbung“ große hölzerne Reklamewände vorzugsweise in die Grünflächen der ganzen Stadt gehämmert. Nach einem vorher festgelegten Schlüssel durften alle Kandidaten ihre Poster dort aufhängen. Im Zuge der Haushaltskonsolidierung wurde den Parteien ihr kostenloses Wahlkampfbonbon nun aber gestrichen. Doch die Etatsituation dürfte nicht der einzige Grund sein. Immerhin hatte der nordrhein-westfälische Bund der Steuerzahler die bisherige Kölner Praxis scharf kritisiert: „Für Wahlwerbeflächen müssen die Parteien selber aufkommen.“ Dafür würden sie vom Staat schon genug Zuschüsse bekommen: „Die sollten reichen.“

Noch nicht abgestellt hat das Kölner Ordnungsamt seine Praxis, zusätzliche Werbeträger der Parteien gebührenfrei zu genehmigen. Das heißt, für die unzähligen, meist selbst gezimmerten „Dreieckständer“ auf bloßen Holztafeln müssen die Parteien keinen Cent in die Stadtkasse zahlen. Eine Massen-Genehmigung anhand einer unübersichtlichen Liste reicht aus. „Offensichtlich misst man mit zweierlei Maß, denn will ein privater Unternehmer Reklametafeln aufstellen, muss er dafür bezahlen“, kritisiert der Steuerzahler-Bund: „Da wird deutlich, dass so die Parteien weit mehr Geld vom Steuerzahler kassieren, als die Öffentlichkeit weiß.“ So will das Hubertus Tempski, Vizechef des Ordnungsamts, gegenüber der taz nicht stehen lassen. „Wir richten uns nur nach geltendem Recht.“ Dieses könnte allerdings jederzeit geändert werden. Dafür wären aber die Politiker im Stadtrat zuständig – und die verspüren angesichts der nahenden Kommunalwahl kaum Lust, die lieb gewonnenen Privilegien selbst abzuschaffen.

Als Problem erweist sich der Vorschlag des Kölner CDU-Vorstands, auf unzählige Plakate in diesem Jahr zu verzichten. Nicht aus Kostengründen, sondern weil die Christdemokraten die „Sauberkeits-Offensive“ von OB Fritz Schramma (CDU) unterstützen wollen. Verzicht üben will die Union freilich auch nur, wenn die Anderen mitmachen. „Kommt gar nicht in Frage“, meinte dazu FDP-Wahlkampfmanager Ulrich Breite: „Im letzten OB-Wahlkampf hat Schramma dasselbe versprochen und dann doch die Stadt mit seinen Plakaten zugeschissen. Darauf fallen wir nicht noch mal rein.“

Auch die SPD hat Vorbehalte. „Wenn die CDU dann auf teure, kommerzielle Werbeflächen ausweicht, stehen wir dumm da“, meinte Vorsitzender Jochen Ott. Die SPD könne sich eben nur die „Dreieckständer“ leisten, die von den Ortsvereinen ehrenamtlich aufgestellt würden.

Ein kleines Geschenk will die halb-städtische Kölner Außenwerbung (KAW) „ihren“ Parteien wohl doch machen: Weil die jüngst angeschafften 600 großen Wahltafeln noch im Keller stehen, will ihnen die KAW ein Viertel davon kostenlos zur Verfügung stellen. Vorausgesetzt, sie kann sie vor, zwischen und nach den beiden Wahlen noch an kommerzielle Anbieter vermieten – dann wäre Köln ab Frühjahr monatelang zugepflastert.