Pakt der Sozialpartner

IG Metall möchte Ausbildungspakt auf ganze Küste ausweiten, um weitere 1.000 Ausbildungsplätze in der Metallindustrie zu schaffen

„Wir haben die Problemnähe, uns steht die Problemnähe auf den Füssen“

von KAI VON APPEN

Die IG Metall Küste möchte die mit dem Unternehmerverband Nordmetall konzipierten Kooperationsmodelle EXAM (Externes Ausbildungs-Management) und QUAS Plus (Qualifizierung und Arbeit für Schulabgänger) auf den „Nordverbund“ der Metall- und Elektroindustrie ausweiten. Das kündigte gestern Bezirksleiter Frank Teichmüller an. Der Gewerkschafter hofft, dadurch im Norden 1.000 neue Ausbildungsplätze schaffen zu können. „Angesichts 10.000 fehlender Ausbildungsplätze brauchen wir einen flächendeckenden Ausbildungspakt.“

EXAM und QUAS Plus werden seit drei Jahren in Hamburg und Schleswig-Holstein durch die Tarifvertragsparteien erfolgreich praktiziert. Während EXAM im Prinzip ausbildungsfähige und willige Betriebe anspricht, kümmert sich QUAS Plus um „noch nicht ausbildungsreife“ Schulabgänger – Jugendliche, die sonst in perspektivlosen Arbeitsmaßnahmen oder nach dem Willen der Handelskammern, wie es Teichmüller formuliert, in Kursausbildungsgänge zu „Garderobiere, Konzerthilfe und Wurststandverkäufer“ gesteckt würden. Unter pädagogischer Begleitung werden die persönlichen Stärken der Jugendlichen herausgearbeitet und in Zusammenarbeit mit großen Metallbetrieben wie Blohm + Voss, DASA, Still und Siemens achtmonatige Betriebspraktika vermittelt. Wird die Maßnahme erfolgreich beendet, winkt eine Lehrstelle oder gar ein Job in dem Betrieb. „Man gibt den Jugendlichen eine Perspektive“, sagt Teichmüller, „und schiebt sie nicht auf ein Gleis, das am Prellbock endet.“ Von den 56 Teilnehmern der drei bisherigen QUAS-Plus-Maßnahmen absolvieren derzeit 46 eine Ausbildung.

Die Arbeit von EXAM ist indes weiterentwickelt worden. War die Agentur nur unter der Prämisse gegründet worden, potenzielle Ausbildungsbetriebe zu akquirieren, stießen die Mitarbeiter schnell an ihre Grenzen: Trotz Zusagen blieben zwei Drittel der Lehrstellen unbesetzt. „Wir haben gemerkt, dass die Betriebe mehr Unterstützung beim Ausbildungsmanagement brauchten“, sagt Andreas Andresen von EXAM. So sehe sich etwa der Chef eines Kleinbetriebes überfordert, wenn er 300 Bewerbungen sichten soll. „Der möchte eine Vorauswahl.“ EXAM ist inzwischen auch behilflich, Möglichkeiten von Verbundausbildung zu fördern. Teichmüller: „So werden Fernsehtechniker des NDR im ersten Lehrjahr teilweise bei Blohm + Voss mit ausgebildet.“ Inzwischen liegt die Erfolgsquote bei 97 Prozent, 1.600 zusätzliche Ausbildungsplätze sind geschaffen worden.

Daher schimpft Teichmüller über die Folgen der Hartz-Gesetze und die Politik der Bundesagentur für Arbeit. So soll die Mittelzuwendung für EXAM gestrichen werden und die Akquise vom Billiganbieter „Kiry aus dem Westerwald“ übernommen werden, der als Qualifikation den Betrieb von Call-Centern und Fahrschulen vorweisen kann. „Wir haben die Problemnähe, uns steht die Problemnähe auf den Füssen“, so Teichmüller. „Das Billigste zu nehmen, ist rausgeschmissenes Geld.“