Urdrüs wahre Kolumne
: Alles wird dreister

Auf einem handtellergroßen und zudem handgeschriebenen Zettel kündigt ein evangelistischer Privat-Missionar aus Bremen-Burg am Laternenpfahl vor der Kneipe „Waller Buttjer“ von „wunderbarer Gebetserhörung“ in Dankbarkeit für dieses Wirken des Herrn Zebaoth: „Portmonä verloren und wiedergekriegt. Diesen Winter noch keine Grippe. Gute Verdauung. Familienfrieden gerettet, auch mit Schwager. Danke Herr! Lest alle 1. Könige 8, Vers 54 und folgende“. Schon passiert!

Die Zeitschrift FHM ist eines dieser hochglänzenden Fachblätter für große Jungs mit nix als Titten, Strapse und Autokatalog im Kopp und listet ganz aktuell die „100 unsexiest girls of the world“ auf. Nun mag man in Zeiten heftiger Kämpfe auf dem Medienmarkt dem privaten Entrepeneur auch den Gebrauch harter Bandagen zubilligen. Wenn aber sich ein putzmunteres Morgenbürschlein im öffentlich-rechtlichen NDR mit der dazugehörigen Moderatorinnentusse so beömmelt und sein bisschen Restharngülle auch noch auf die nicht nur durch dieses eklige Ranking leidgeprüfte Susan Stahnke spritzt, verlangt das schon nach einer frauenbewegten Wingtsun-Kämpferin, die so einem Bruder Lustig sein bisschen Hirnschale genau so tief legt wie das Fahrgestell seines Fickfrosch-Cabrios.

Hau weg den Scheiß! Die bremische Wirtschaftsförderung ist weiterhin erfolgreich im Bemühen, stets die krummsten Hunde als Partner für ihre Projekte zu finden. Während die für das Desaster um die LKW-Maut hochgradig mitverantwortliche Telekom-Tochter T-Systems auf Bundesebene immerhin theoretisch mit der Möglichkeit rechnen muss, für ihre Kaputtnick-Strategie zur Kasse gebeten zu werden, durfte das gleiche, ja sogar selbe Unternehmen in diesem Gemeinwesen das gute alte Rechenzentrum unter dem Label „ID Bremen“ übernehmen und eilends in die Grütze fahren. Gnädig deckte das Pleite-Staatswesen von der Weser diese Entgleisung mit 800.000 Euro aus der Armenkasse zu: Abenteurer aller Länder, kommt her – etwas besseres als den Bankrott findet ihr hier allemal ...

Erwartungsgemäß scheitern wird Stadthallen-Architekt Roland Rainer vor Gericht mit seinem Antrag auf Wahrung des Urheberrechts gegenüber den Umbauplänen der Basteltruppe HVG. Aus Gründen des Ehrenschutzes sollte man dem betagten Baumeister wenigstens eine Plakette an den funktionslos werdenden Pfeilern zubilligen: „Dieser Quatsch ist nicht mein Ding!“ Schön immerhin, dass die Seriositätsdarsteller Scherf und Perschau jetzt gemeinsam erkärten, die einstige „Halle für alle“ künftig als „AWD Dome“ zu betreiben. Mit dem Sponsor AWD im Rücken werden die Drückerkolonnen des Finanzspekulatius Carsten Maschmeyer endlich auch in Bremen so salonfähig, wie es ihnen angesichts der Seelenverwandschaft mit der hiesigen Politik längst schon gebührt – und wenn das restliche Klimpergeld auch noch bei „Alles wird dreister“ angelegt wird, gewinnt die Restlaufzeit des Abenteuers Bremen immerhin ein überschaubares Maß.

Apropos AWD: im Gröpelinger Waschsalon sucht derzeit ein „vielseitiger Langzeitarbeitsloser (48)“ per Aushang dringend einen Job in Verkauf oder Vertrieb, grenzt aber sofort ein: „Nur echte Angebote (Kein Amway, Haka Neutral, AWD, andere Strukturvertriebe oder Time sharing)“. Kluger Mann! Meint jedenfalls Ulrich
„ohne Schadenfreude“ Reineking