Meiden Bundestagsabgeordnete den Arzt?

Jedenfalls zahlen sie nur 20 Euro Praxisgebühr im Jahr – wie Beamte: „Es gibt keine Lex Bundestag“

Bremen taz ■ Manchmal kommen Parlamentarier über die Folgen ihrer Beschlüsse ins Grübeln. Gesten war so ein Tag, nachdem die Agenturen eine „Begünstigung von Abgeordneten bei der umstrittenen Praxisgebühr“ vermeldet hatten: Bundesparlamentarier müssen nur 20 Euro pro Jahr für beliebig viele Arztbesuche zahlen. Die Mehrheit der gesetzlich Krankenversicherten, sofern sie regelmäßig den Arzt sieht, aber 40 Euro.

Am Rande der Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion in Leipzig, wo auch der Bremerhavener SPD-Abgeordnete Uwe Beckmeyer war, wurde Bundesinnenminister Otto Schily aufgefordert, den Sachverhalt am Montag aufzuklären. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) stellte eine Änderung der Entscheidung in Aussicht, die Donnerstag als Spätfolge der Gesundheitsreform gefallen war.

„Wasser predigen und selber Wein trinken“, hatte der Präsident des Sozialverbands VdK, Walter Hirrlinger, zuvor gewettert. Den Anstoß hatte der nordrhein-westfälische SPD-Abgeordnete Willi Brase mit einem Brief gegeben. Darin nannte er die Entscheidung des Bundesschiedsamtes „politisch völlig untragbar“. Eine Äußerung, die der Bremer Bundestagsabgeordnete und CDU-Landeschef Bernd Neumann vorsichtig als „eher volksnah“ wertet. „Das hat die SPD mit ihren 27 Prozent nötig.“

„Es gibt keine Lex Bundestag“, stellt Neumann zugleich klar. Abgeordnete seien absprachegemäß Beamten gleichgestellt worden. Per Einmalzahlung solle der durch die Praxisgebühr verursachte Verwaltungsaufwand reduziert werden. Sie berücksichtige, dass auch nicht jeder gesetzlich Versicherte jedes Quartal (für 10 Euro) zum Arzt gehe. Ob die Pauschale von 20 Euro angemessen sei, werde geprüft. Insgesamt seien 40 Prozent der MdB gesetzlich versichert und zahlten also auch pro Quartal. „Aber hier sollen Politiker offenbar wieder als Prügelknaben herhalten.“

Auch der Bremer SPD-MdB Volker Kröning hält die Gleichstellung von Abgeordneten mit Beamten für angemessen. „Es gibt für uns keine Sonderregelung“, betont er. Die Bremer Bundesparlamentarierin Marieluise Beck (Grüne) war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Als Staatssekretärin vertritt sie die SPD-Bundesfamilienministerin Renate Schmidt derzeit in China.ede