PETER UNFRIED über CHARTS
: Wie ich der Bachelor* war

25 Frauen, ein Mann und eine Rose: Wie findet man die Richtige? Ein Tatsachenbericht

* In der RTL-Serie „Der Bachelor“ musste ein Mann aus 25 Damen eine erwählen.

Wenn ich heute darüber rede, muss ich sagen: Die Sache gehört zu den abartigsten Erinnerungen meines Lebens. Nach Bremen 1989. Das war fies, abgründig und verlogen. Damals war es aber einfach so, dass ich Bachelor war und mir der Conferencier erklärt hatte, das würde alles laufen. Dann führte er mich in den Raum und drückte mir ein Champagnerglas in die Hand. Und da standen dann 25 Damen rum, unter denen ich auswählen sollte.

Hm. Das waren sie also. Na ja.

Ich komme aus einem alteingesessenen Milieu, das selbstverständlich unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Wirtschaftskraft und so weiter allen die gleichen Chancen einräumt. Mit dem Begriff „Elite“ will ich nicht umgehen. So trennte ich mich noch in der Tür von allen Kandidatinnen, die an einer Spitzenuni studiert hatten. Damit waren es immer noch 25.

Was tun? Der Conferencier schenkte mir nach und sagte, jetzt sei die Zeit erst mal reif, die Damen etwas besser kennen zu lernen. Ich wurde zu einer größeren Gruppe gestellt. Eine der Damen hieß Katharina, eine Katharina, eine Katharina, eine auch Katharina, eine wieder Katharina. Den Namen der Sechsten hatte ich leider gleich wieder vergessen. Darauf konnte man vielleicht ein schnelles Abenteuer aufbauen, aber sicher nicht mehr. Und so schloss ich sie aus. Da waren es noch 24. (Später grübelte ich noch manche Nacht, ob das nicht vorschnell war. )

Wir tranken und redeten dann so vorsichtig tastend rum. Bürgerrechtsfragen, Einstellung zum Spritverbrauch, Ströbele-Faktor, Definition des Begriffs „Innovation“ – was einem halt wichtig ist bei einer Frau.

Eine Katharina erzählte, dass sie gerade alles zu Hause rausschmeiße und neu kaufe. Ich erklärte ihr, das sei typisch Schröder-SPD: scheißegal, Hauptsache neu. „Nicht alles, was alt ist, ist schlecht“, sagte ich. Worauf eine andere Katharina mir sagte, ich redete ja wie Norbert Blüm. Na ja, ich stieß noch mit allen an und schloss dann aus Gründen der Chancengleichheit sämtliche Katharinas aus. Dann ging ich. So weit ich sehen konnte, weinte keine. Sehr gut. Es ist mir wichtig, nicht mit den Gefühlen anderer zu spielen.

Aber das hatte sich doch gezogen. Und es waren immer noch 19 Damen übrig. Ich brauchte leider simplere Kriterien. Der Conferencier erinnerte mich an eine alten Familientradition, nach der kurze Haare bei Frauen nicht in Frage kämen. War das nicht etwas platt? Wir tranken ein paar Gläschen unter uns, und ich musste zugeben: Familie und Tradition ist mir sehr, sehr wichtig. Wer das nicht respektierte, mit dem konnte ich doch unmöglich eine tiefere Beziehung eingehen.

Damit waren es noch 11. Das heißt: möglicherweise 12. Da war so eine kurzblonde Dame hinten im Eck. Der wollte ich noch die Chance geben, mich im Einzeldate zu überzeugen. Bzw. ich sie, sich die Haare mal zügig wieder wachsen zu lassen.

Das Einzeldate kriegte dann aber erst mal eine andere Dame. Die mich nicht sofort komplett überzeugte. Weil es aber keinen Pool gab, bat ich sie zumindest um ein aktuelles Bikinifoto. Als sie das ablehnte, musste ich sie leider ausschließen.

Dann gingen der Conferencier und ich in den Nebenraum, tranken etwas und gingen die Galerie der übrig gebliebenen 11 noch mal durch. Es würde eine ganz schwere Entscheidung werden.

Aus Zeitgründen und Schaden klug geworden, insistierte ich dann bei der nächsten Gruppe Damen sofort, dass Bikinifotos dazugehörten und ihre Aussagekraft „längst gesellschaftlich akzeptiert“ sei. Nur zu zwei transparent gekleideten Nicoles sagte ich, bei ihnen ginge es auch ohne Fotos. Daraufhin konnte ich vier andere Damen verabschieden.

Ich erklärte den Verbliebenen, dass das, was ich in einer Dame auch suchte, die Fähigkeit zur Unfähigkeit zur Selbstironie sei. Karina, Karla und Karlotta kicherten. Klar, dass sie damit raus waren. Ich rief ihnen aber versöhnlich nach, dass sie noch die Möglichkeit hätten, sich von mir zu verabschieden. Aber sie waren schon zu weit weg, um mich noch hören zu können. Der Conferencier kam, brachte mir was Neues zu trinken und erklärte mir, dass das nächste Einzeldate mit der letzten Kurzhaardame leider aus Zeitgründen nicht mehr zu schaffen sei. Sie nutze auch nicht mehr die Möglichkeit, sich von mir zu verabschieden.

Um so besser: Damit gewann ich etwas Luft für einen kleinen Schluck. Dann erklärte ich den beiden Nicoles, dass ein Testknutschen meine Sorge verringern sollte, möglicherweise eine falsche Entscheidung zu treffen.

Damit hatte ich sie schweren Herzens von mir getrennt. Und wie ich es von Anfang an geplant hatte, stand damit nur noch die Eine im Raum. Eine supersympathische, superattraktive und superintelligente Dame mit superlangen blonden Haaren und superweichen Lippen. Die Dame meines Herzens.

Ich griff nach meiner Rose, ging auf sie zu und sagte: „Möchtest du diese Rose, Moni?“ Sie lächelte wunderbar, sagte dann aber nicht ja, sondern dass sie nicht Moni heiße und ob ich eigentlich schon mal in den Spiegel gesehen hätte.

*

Ich trank dann mit dem Conferencier noch den übrig gebliebenen Aldi-Fusel aus.

„Danke, Heinzi“, lallte ich, „war ja wieder ’ne nette Party.“

– „Mensch, mach dir nichts draus“, antwortete der Conferencier, „selbst du findest irgendwann noch eine!“

Fotohinweis: PETER UNFRIED CHARTS Fragen zu Wahlen 2004? kolumne@taz.de Dienstag: Jenni Zylkas PEST & CHOLERA