DAS STEUERKONZEPT DER CDU BELASTET EINSEITIG DIE ARBEITNEHMER
: Radikal in Teilen

Die CDU-Granden gaben sich gestern mal wieder ganz kämpferisch. „Keine Tabus“, „ganz oder gar nicht“: Das ist die Linie, die Parteichefin Angela Merkel und Finanzexperte Friedrich Merz für den Abbau von Steuervergünstigungen vorgaben. Von den Sonntags- und Nachtzuschlägen bis zur Pendlerpauschale – nichts, aber auch gar nichts soll bei der ganz großen Steuerreform verschont bleiben.

Aber stimmt das überhaupt? Von Aufwendungen für Dienstreisen oder Geschäftsessen, für Geschenke oder Firmenwagen ist in dem vermeintlich radikalen Merz-Konzept überhaupt nicht die Rede. Streichen will die CDU allein die Steuervergünstigen für Arbeitnehmer, während die Vorteile für Selbstständige und Freiberufler erhalten bleiben. Von den niedrigeren Steuersätzen profitieren dagegen auch Letztere – sofern sie überhaupt noch Steuern zahlen.

Das ist jetzt auch, reichlich spät, einem Sozialdemokraten aufgefallen. Der SPD-Linke Detlev von Larcher moniert, hinter der Forderung nach Steuervereinfachung verberge sich eine „Umverteilung von unten nach oben“. Was nach einer reichlich abgedroschenen Parole klingt, trifft hier wirklich zu. Bis zur Parteispitze ist das offenbar noch nicht durchgedrungen. Sie verkündet unverdrossen, für mehr Transparenz bei der Steuer trete auch sie ein – vorausgesetzt, für die Staatskasse springt am Ende so viel heraus wie vorher.

Warum diese Zurückhaltung? Zum einen wissen Schröder und Genossen, dass die ganz große Reform im Superwahljahr ohnehin nicht kommt. Auch die CDU lässt sich die anstehenden Landtagswahlen nicht gern durch die Streichung von Steuervorteilen vermiesen – und kann die Schuld an der mangelnden Prinzipientreue bequem auf die bayerische Schwesterpartei abschieben.

Auf der anderen Seite kommt man an die Steuervorteile der Selbstständigen nicht so leicht heran, wie Kritiker Larcher es gern hätte. Das zeigt schon der internationale Vergleich: Der Versuch, eine angemessene Besteuerung des Kleingewerbes durchzusetzen, ist nirgendwo gelungen. Da ist es allemal einfacher, die Arbeitnehmer zu belasten: Deren Einkünfte stehen schwarz auf weiß auf dem Lohnzettel. RALPH BOLLMANN