Frauenarbeit rechnet sich

Nur die Wirtschaft hat es noch nicht verstanden: Frauenförderung erhöht den Anteil an Spitzenkräften. DGB fordert, die Unternehmen gesetzlich zu ihrem Glück zu zwingen

BERLIN taz ■ Fördern Firmen Frauen, ohne dass ein Gesetz es ihnen befiehlt? Offenbar nicht: „Völlig unzureichend“ nennt Ursula Engelen-Kefer, Vizevorsitzende des DGB, die aktuelle Lage. Eine Befragung in 500 repräsentativen Unternehmen, deren Ergebnisse sie gestern vorstellte, zeige: Die meisten Firmen tun nicht einmal, was die ökonomische Vernunft empfiehlt. „Die Idee, wir könnten auf ein Gleichstellungsgesetz verzichten, ist gescheitert“, sagte die Gewerkschaftlerin gestern bei der Vorstellung der Studie.

Im Herbst 2000 hatte die damalige Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) ein entsprechendes Gesetz für die Privatwirtschaft geplant. Die Wirtschaftsvertreter meckerten, der Kanzler legte das Vorhaben erst einmal ad acta. Stattdessen vereinbarte die Regierung mit den Wirtschaftsverbänden, dass diese auf freiwilliger Basis die Chancengleichheit fördern. Ende 2003 werde er die Lage erneut prüfen, sagte der Kanzler. Zeige sich bis dahin keine Wirkung, werde die Regierung handeln.

Nun ist die Frist verstrichen. Daher gaben die Hans-Böckler-Stiftung und der DGB eine Studie in Auftrag, die zeigen soll, ob die Vereinbarung greift.

Das Ergebnis zeigt wenig Licht in sehr viel Düsternis: 70 Prozent der Betriebe beschäftigen noch genauso viele Frauen wie vor drei Jahren. Ebenfalls bei sieben von zehn Unternehmen stagnierte der Anteil von Frauen in Führungspositionen bei 15 Prozent. Gebessert hat sich die Situation der Frauen dort, wo die Betriebe Änderungen eingeführt haben. An erster Stelle stehen hier Möglichkeiten, die Arbeitszeit flexibler aufzuteilen. Hingegen gibt es kaum einen Betrieb, der sich bemüht, mehr Frauen in Managementpositionen zu bringen oder sie bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. 13 Prozent der Betriebe kennen überhaupt keine Frauenförderung.

Dabei ist sie für die Unternehmen nicht nur imageträchtig, sie rechnet sich auch ökonomisch. Die Commerzbank etwa fand heraus, dass sich Kinderbetreuung für sie finanziell lohnt. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen neuere Wirtschaftsstudien. Denn zum einen sind Mitarbeiterinnen motivierter und engagierter, wenn sie wissen, dass eine Aufstiegschance besteht – und dass sie nicht alle Karriereträume aufgeben müssen, sobald sie ein Kind bekommen.

Zum anderen hat eine frauenfreundliches Unternehmen Vorteile beim nach wie vor wütenden Kampf um die besten Köpfe. Eine hoch talentierte Spitzenkraft wird ein Unternehmen bevorzugen, das ihr eine angemessene Karriere verheißt. Zudem baut ein Unternehmen gerade dann einen besonders vielfältigen Wissenspool auf, wenn es Menschen mit verschiedenen Erfahrungshorizonten beschäftigt.

Insofern müsste es sich den Unternehmen allein mit dem Blick auf den Geldbeutel aufdrängen, Frauenförderung zu verbessern. „Leider ist das bislang kaum erkennbar“, sagte gestern Gertraude Krell von der Freien Universität Berlin, die die Studie betreute. „Ohne ein Gesetz kommt ein entsprechendes Umdenken offenbar nicht in Gang.“ Schuld sei auch ein Wissensdefizit: Nur ein Viertel der Unternehmen führt überhaupt eine nach Männer und Frauen untergliederte Personalstatistik, fand die Wissenschaftlerin heraus. Und nicht einmal 2 Prozent verzeichnen nach Geschlechtern getrennt die Hierarchien und Gehälter. Das heißt: Die meisten Firmen können den tatsächlichen Stand der Frauendiskriminierung in ihrem Betrieb allenfalls erahnen.

Angesichts dessen fordern Krell wie der DGB: Ein Gesetz muss her. Engelen-Kefer sagt: „Selbst wenn es Maßnahmen gibt, sind sie meist viel zu wenig konkret. Eine tief greifende Verbesserung ist nur durch ein Gesetz möglich.“ COSIMA SCHMITT