Sound of the Re-Evolution

Singende Fledermäuse, Breakdance-Hasen und rappende Breitmaulfrösche: Die „Puppetmastaz“ in der Tanzhalle

Interview: NIKOLA DURIC

HipHop alter Schule ist inzwischen zum Objekt von Soziologen geworden und findet sich auf den Brettern von Aerobic-Studios wieder. Es gibt da aber noch eine weitere Spielart der beatgetränkten Musik, mit der keiner so richtig gerechnet hätte: Was passiert, wenn die Kreaturen von Orwells Farm der Tiere plötzlich rappen, Platten produzieren und auf Tournee gehen? Welchen Namen gibt man singenden Monsterfröschen und breakdancenden Hasen?

Sie selbst nennen sich Puppetmastaz und haben die Re-Evolution ausgerufen. Mit dem Acid-HipHop der Berliner Prosetti Brüder im Gepäck haben die Puppetmastaz der Welt in den vergangenen zwei Jahren eine der frischesten Definitionen des Genres hinzugefügt. taz hamburg sprach mit Panic the Pig, „Monster of Ceremony“, und dem schwedischen Breitmaulfrosch Pit.

taz hamburg: Wie alt bist du?

Panic the Pig: Das weiß ich nicht genau. Ich kann mich meistens nur an gestern erinnern. „Alter“ gehört als Begriff zur menschlichen Logik, mit der ich nichts am Hut habe. Ich hatte einen Traum, darin war Logik ein schwarzer Truck, der durch Berlin fährt und ich überlege draufzuspringen, tue es aber im letzten Moment doch nicht.

Was tut ihr, wenn ihr nicht gerade auf Tournee seid?

Pig: Die meiste Zeit schlafen wir. Schalten ab. Manchmal habe ich ganz gute Träume. Gestern besuchte ich einen Mathematikkongress. Ich habe nicht viel verstanden und bin dann rausgegangen um das Gehörte aufzuzeichnen. Ich habe die Mathematik nachgemalt.

Was stört euch am Tourleben?

Pig: Dieses ständige Reisen in Kisten.

So vampirmäßig?

Pit: Wir haben auch einen Vampir in der Gruppe, der kommt aus Kroatien.

Mit dem könnt ihr nur abends auftreten?

Pig: Nein, tagsüber ist er ‘ne Fledermaus. Der löst sich nicht in Staub oder Dreck auf. Er hat die höchste Stimme, wunderschön, Ultraschall.

Pit, du singst aber auch ganz schön in einem indisch anmutenden Lied?

Pit: Das Stück heißt „Golden Center“. Wir glauben an ein goldenes Zentrum der Erde.

Wart ihr schon mal dort?

Pig: Ja, zuerst haben wir die falsche Tür geöffnet, zur Hölle. Dann, eine Tür weiter, befindet sich das goldene Zentrum. Zuerst konnten wir dort niemanden sehen, bis uns schließlich Elvis begegnet ist, den wir mitgenommen haben.

Pit: Nur ist Elvis bei uns jetzt gelb und gold.

Manche aus eurer Gruppe sehen recht ramponiert aus. Habt ihr Make-up Künstler dabei?

Pig: Nein, mehr so Gaffer-Tape.

Pit: Life is full of love and hate.

Pig: And Gaffer-Tape.

Könnt Ihr euch auch vermehren?

Pig: Davon habe ich schon mal gehört. Wir Puppen sind so ein Messenger zwischen „das Ding“ und „die Kreatur“. Wir sind der Gegensatz zu einer Lücke. Wir sind evolutionstechnisch das, was die Lücke füllt. He He. Ich bin das Schmalz auf dem Brot, das die Lücke füllt: Ein Schwein. Nicht ranzig und nicht fransig.

Mögt ihr den Terminator?

Pit: Ja, der hat ein super Auge, mit dem kann er so Ultraschallbilder sehen.

Pig: Wir Kreaturen sind aber nicht besser als die Menschen, nur anders. Einfacher vielleicht, oder doppelt kompliziert, da wir schon wieder einfach zweidimensional geworden sind.

Wen mögt ihr lieber, den ersten Terminator, oder den Flüssigen?

Pit: I like to keep it liquid!

Pig: Ich mag den kistenförmigen Schauspieler lieber, erinnert mich an Zuhause. Der sich morphende Terminator ist mehr so junggesellenmäßig unterwegs.

Das zweite Terminatormodell ist ja ein Wechselbalg.

Pig: Wechselbalg, was für ein cooles Wort!

Pit: Ich kenne nur Blasebalg. Was ist ein Wechselbalg?

Das ist ein Formwandler. In Deep Space Nine gibt es die Figur Odo, ein Wechselbalg, der jede erdenkliche Form annehmen kann. Nachts schläft er in flüssigem Zustand in einem Eimer.

Pig: Mir kommt es manchmal so vor, dass alle Menschen wie Wechselbälger sind. Wenn jemand eine Stunde vor einer Glühbirne sitzt, wird er erleuchtet. Bei uns Schweinen ist das anders.

Pit: Oder morgens sind Menschen häufig völlig anders als abends.

Pig: Und junge Menschen sind komplett anders als alte. Deshalb müssen sie ständig in Spiegel schauen, um sich zu vergewissern, wer sie überhaupt sind.

Pit: Wir Puppen sind immer gleich. Nur nicht in unseren Konzerten. Da gehen wir auf Stelzen.

Donnerstag, 21 Uhr, Tanzhalle