DIE LKW-MAUT IST GUT FÜR DEN HAUSHALT, ABER NICHT FÜR DEN VERKEHR
: Die Straße bleibt im Vorteil

Die Debatte über die Lkw-Maut hat schon drei SPD-Verkehrsminister überdauert – Franz Müntefering, Reinhard Klimmt und Kurt Bodewig. Kassieren darf nun Manfred Stolpe: 15 Cent müssen Brummifahrer ab September pro Autobahnkilometer blechen. Das hat gestern das Bundeskabinett beschlossen, um den drohenden Verkehrsinfarkt abzuwenden. Denn alle sind sich einig: Die Straße ist zu billig. Zwar sorgt das neue Wegegeld für ein wenig mehr Gerechtigkeit zwischen Straße und Schiene, doch reicht es lange nicht aus.

Denn die Gebühr ist zu niedrig, um viel zu ändern. Derzeit rollen 70 Prozent der Äpfel, Computer oder Möbel in Lastwagen durch das Land. Die restlichen 30 Prozent teilen sich Bahn und Schiffsverkehr. Aufgrund der Maut werden die Spediteure besser planen und Leerfahrten vermeiden. Insgesamt wird der Gütertransport auf der Straße aber nur um gerade mal 4 Prozent abnehmen, schätzen Verkehrsexperten. Von einer neuen Verkehrspolitik kann also keine Rede sein.

Fraglich, ob das – trotz aller Willenserklärungen – überhaupt gewollt ist. Denn: Noch nicht ein Cent ist in die Kasse geflossen, und schon zerren alle an den Einnahmen. Nicht etwa, um die Bahn zu fördern. Nein, um Straßen zu bauen. Schließlich würden die Zwölftonner demnächst auf kleine, nicht mautpflichtige Straßen ausweichen, argumentieren die Kommunen. Wer dafür zahlt, dass er auf Straßen fährt, hat auch ein Recht auf neue, findet die Union. Und Manfred Stolpe? Der ließ gestern einfach offen, wie viel von den pro Jahr erwarteten 3,4 Miliarden Euro in den Straßenbau und wie viel in die Schienen oder Wasserwege gesteckt werden soll.

Lieber verspricht er, die Spediteure mit 300 Millionen Euro zu entlasten. Warum sollten sie dann noch auf die Bahn umsteigen? Dabei drängt die Zeit: Glaubt man Prognosen, wird sich der Gütertransport bis zum Jahr 2015 noch einmal mehr als verdoppeln. Wenn Stolpe den wirklich in den Griff kriegen will, muss er die Maut weiterentwicklen: Sie muss erhöht werden, sie muss auf die Bundesstraßen ausgeweitet werden. Und dann sind noch immer nicht Umwelt-, Lärm- und Unfallkosten bezahlt. HANNA GERSMANN