Black Hawks über Biblis

„Home of the Eagles“: Das Wiesbaden Army Airfield ist eine Ausbildungsstätte für Piloten von donnernden Kampfhubschraubern, Qual der Anwohner. taz-Serie „Stützpunkt Deutschland“, 8. Teil

aus Wiesbaden KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Wiesbaden Army Airfield (WAAF), Ende Februar. Bundeswehrsoldaten schieben vor einem Seiteneingang zur Base auf freiem Feld am Rande der hessischen Landeshauptstadt Wache; auch vor den separat eingezäunten Munitionsbunkern – Terrorschutz. Die US-Soldaten auf dem Flugfeld der Army sind nicht zu sehen. Kein Wunder, es ist kalt. Das Haupttor mit dem Adler aus Stein, der darauf hinweist, dass die Base auch „Home of the Eagles“ (ein Offiziersclub) ist, wurde nach Terrorwarnungen vorsorglich geschlossen. Tonnenschwere Betonreiter liegen davor. Denn auf der schnurgeraden Zufahrtsstraße könnte ein mit Sprengstoff beladener Lastwagen die frühere Sperre durchbrechen und in die Base rasen. Jetzt müssen alle Fahrzeuge am „Maingate“ abgebremst und in Schrittgeschwindigkeit zu dem provisorischen Tor in einer Kurve an der Westseite der Base gefahren werden, wo sie akribisch untersucht werden.

Das WAAF ist seit Mitte 2001 europäisches Hauptquartier der US-Eliteeinheit „Old Ironsides“, der 1st Armored Division. Ende 2001 wurde noch ein Versorgungsbattaillon aus Bad Kreuznach dorthin verlegt. Die US-Gemeinde in Wiesbaden wuchs auf 5.500 GIs mit Familien. 85 Millionen US-Dollar ließ sich das Pentagon die notwendigen Bauarbeiten kosten. Warum ist ihm der kleine Flugplatz so wichtig?

Auf dem Airfield bildet die US Army vor allem Hubschrauberpiloten aus. Und bevor sie etwa auf den neuesten Apache-Kampfhubschrauber umsteigen dürfen, müssen die Anwärter in zweimotorigen Propellermaschinen üben. Helikopter spielten schon im Vietnamkrieg eine große Rolle – im Bodenkrieg.

„Multi-mission combat helicopters“ nennt der Hersteller Boeing heute seine diversen Kampfhubschrauber. Helikopter seien – mehr noch als Panzer – „die eigentliche Waffe der Army im 21. Jahrhundert“. Schon im ersten Bushkrieg unterstützten sie den Vormarsch der Bodentruppen auf breiter Front. Auch in Afghanistan griff die US Army die Stellungen vonTaliban und Al-Qaida lieber mit Hubschraubern als mit Bodentruppen an: schnell zuschlagen können – und schnell wieder zurück zum Stützpunkt fliegen.

„Apachen“ und auch „Black Hawks“ fielen noch in den 80er-Jahren öfter vom Himmel, weil sie „extrem anfällig für elektromagnetische Interferenzen“ (Störungen etwa durch Funkverkehr) waren. Das sei heute nur noch „Geschichte“, sagt Boeing. Allerdings: Auch in Afghanistan kam es zu einigen immer noch ungeklärten Abstürzen.

Nicht in erster Linie aus Angst vor Abstürzen, sondern wegen des Fluglärms haben engagierte Bürger aus Wiesbadener Ortsteilen in der Nähe des Army Airfields eine leuchtend rote Landmarke von zwei Meter Höhe und einem Meter Breite auf einen Acker gesetzt. Weitere sollen folgen. Diese Landmarken sollen sich die Piloten der Hubschrauber und der Propellerflugzeuge bei ihren Rundflügen als Zielpunkte wählen – und nicht die Kirchturmspitzen in den Dörfern. Die Army gelobte Besserung. Wirkungslos dagegen blieb die Kritik, dass ihre Transporthubschrauber bei den täglichen Flügen nach Ramstein das Atomkraftwerk Biblis überfliegen, dessen Blöcke A und B nicht gegen Abstürze gesichert sind.

Die Army dagegen ist gerne in Wiesbaden. „One of the most beautiful cities in Germany“, lobt der Kommandant in einer Broschüre. Im letzten Sommer konnte man hohe Offiziere von der Base sogar im Öko-Restaurant Mechthildshausen gleich nebenan bewundern – ganz leger: in karierten kurzen Hosen.