Düstere Prognose für Datenschutz im Internet

Kommunikationsexperten: Spuren im Netz sind künftig leichter zu verfolgen als bisher. Datenschutz gilt als Privatsache

BERLIN taz ■ Was Datenschützer und Bürgerrechtler schon lange befürchten, haben nun auch Experten aus der IT- und Telekommunikationsbranche bestätigt: Mit dem Datenschutz wird es in Zukunft nicht besser, sondern schlechter. Das ist das Ergebnis einer Studie des Münchner Kreises, einer gemeinnützigen Vereinigung von Informations- und Kommunikationsexperten, in Zusammenarbeit mit mehreren Unternehmen.

Die Autoren der Studie befragten im September 538 Wissenschaftler und Mitarbeiter aus der IT- und Telekommunikationsbranche zu den Themen Datenschutz, IT-Infrastruktur und Zukunft der digitalen Kommunikation. Die Prognose der Experten ist eindeutig. 91 Prozent gehen davon aus, dass die Spuren, die Internetnutzer im Netz hinterlassen, besser nachverfolgt werden können.

Eine Konsequenz aus dieser Prognose ziehen die Befragten jedoch nur bedingt. So sind 90 Prozent der Befragten aus der Wirtschaft der Ansicht, die Nutzer müssten sich selbst um den Schutz ihrer Daten kümmern. Sich selbst als Unternehmen sehen nur 61 Prozent in der Pflicht.

Die digitale Spaltung der Gesellschaft nimmt laut Studie zu. Fast zwei Drittel der Befragten gehen davon aus, dass durch die Teilhabe an der Informationsgesellschaft eine „besser gebildete und einkommensstarke Elite“ entsteht. Das liege vor allem an der Bildung. Mehr als technische oder finanzielle Hürden bewertet die Branche Bildungsunterschiede als Ursache dafür, dass ein Teil der Gesellschaft an der Entwicklung mitwirken kann und ein anderer Teil nicht.

Die Studie ist eine Fortführung einer Untersuchung von vor neun Jahren. Damals fragten die Autoren ebenfalls Branchenexperten nach ihren Vorstellungen, wie die digitale Kommunikation wohl mit Blick auf die Jahre 2009 bis 2014 aussehen könnte. Die Bilanz heute: gemischt. „Nicht oder nur teilweise eingetroffen sind zum Beispiel klare Regelungen zur Daten- und Transaktionssicherheit oder die Sprachsteuerung von Geräten“, erklärt Jörg Eberspächer, Professor am Lehrstuhl für Kommunikationsnetze an der TU München, der bei beiden Studien als Autor mitgewirkt hat.

Auch die elektronische Signatur, mit der Versender und Empfänger von E-Mails sich gegenseitig eindeutig identifizieren können, ist längst noch nicht Standard.

Andere Prognosen seien dagegen wie erwartet eingetroffen, ergab die Befragung: „Nach wie vor haben wir einen Mangel an Ingenieuren und Informatikern“, sagt Eberspächer. Auch die Bedeutung von Online-Shopping und interaktiven Spielen sei wie erwartet stark gestiegen. Auf Basis der Ergebnisse soll im kommenden Jahr eine weitere Studie folgen – diesmal mit einem Blick über 10 bis 15 Jahre in die Zukunft. SVENJA BERGT