urdrüs wahre kolumne
: Nur dies eine Leben!

Ob ich wisse, als was sie wohl zum Karneval gehe, fragt mich eine süße kleine Krabbe von nicht mal ganz fünf Jahren. Ich wage die Antwort „Als Prinzessin oder Engelchen“. Kichernd meint sie „Doch nicht sowas Doofes!“ und vertraut mir an, dass sie als „ganz ganz böse Hecke Wackelzahn“ auftreten wolle und auch wenn ich die Lütte in dieser Rolle für eine glatte Fehlbesetzung halte, überzeugt doch ihr Motiv: „Dann kriegt der Julian so richtig Angst vor mir!“ Möge die Übung gelingen.

Um den Streit mit dem harten Martini-Kern nicht zum Selbstläufer werden zu lassen, entbiete ich der Gemeinde heute im unierten Geiste der Verständigung diesen Gruß aus Epheser 4, Vers 32: „Seid untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem anderen, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus“. Zum endgültigen Vergeben bleibt ja zum Glück noch etwas Zeit bis zum Kirchentag in Bremen!

Und wo wir die Worte gerade schon mal im Versöhnungsrausch durch das Städtchen torkeln lassen, sei auch gleich noch die gute alte Handballdame Jens Eckhoff aufgefordert, den kindischen Trotz in Sachen Milli Görüs aufzugeben. Am Ende wird sonst im Fortlauf des Verfahrens noch irgendein Imam darauf aufmerksam, dass Eckhoff nicht einmal in der Bürgerschaft und schon gar nicht vor Gericht ein Kopftuch trägt, was sicher ganz entzückend aussehen und mit seinem übrigen Liebreiz optimal harmonieren würde ...

Wird die Jugend durch die Medien gefährdet? Fragte gestern CDU-Bernd Neumann auf einer Podiumsdiskussion seiner Partei und das, nachdem er kürzlich kämpferisch die Abberufung des verurteilten Schmuckliebhabers Carsten Spengemann aus der Moderation der Superstars verlangt hatte. Mit was sonst will der Herr Christdemokrat denn diesen Unglückswurm strafen?

Als ich kürzlich mit Antikriegs-Button durch Hannover spazierte, rief mich die Beschäftigte einer Frittenbude in ihre circa 10 Quadratmeter großen Geschäftsräume, öffnete ihren weißen Kittel und verwies darauf, dass auch sie sich eine solche Manifestation in Blech auf die im übrigen sonnengelbe Bluse gesteckt hatte. Ein kurzes Grinsen zum Ausdruck wechselseitiger Anerkennung und ein Döner für umsonst. Hoch lebe solch internationale Soli-dari-tät!

Ein Spaziergang durch die bezaubernde Waller Parzellenlandschaft und plötzlich vor mir auf dem Pättchen vier kräftige Männer unterschiedlichen Alters, die auf einem ungelenken Rollwagen und mittels vorgelegter Bohlen ein leibhaftiges Klavier über den holprigen Boden bewegten. Als ich um ein spontanes Ständchen bat, wurde mit der Begründung abgelehnt, er könne bislang nur den Flohwalzer spielen: „Aber bis die mich hier vonner Parzelle kriegen, spiele ich Bach und Mozart!“ Wissen die Planer und Plattmacher, wie scheißenschwer so ein Klavier aus dem Hause Schimmel ist? Verhebt euch nicht!

Achnee, Birgit Rambalski, werte Freundin! Dass Du als Ex-Tazze im senatorischen Protokoll die Bremer Pappritz machst, will ich Dir mit dem Blick auf die Haustarife dieses Blattes ja gern nachsehen. Aber dass Dir der Besuch des geschniegelten Medialfaschisten Berlusconi „insofern eine Ehre ist“, das wirst Du doch niemandem einreden wollen, der sich nicht um Verstand und Schamgefühl zugleich gesoffen hat. Mitunter müssen wir vielleicht den Mächtigen dieser Welt den Hintern abwischen statt angemessenerweise hineinzutreten. Den dabei aufkommenden Gestank sollten wir aber nun wirklich nicht mit dem frischen Duft des Frühlings gleichsetzen.Wir haben doch leider nur dies eine Leben!

In einer Stadt, wo Kaffee und Bier zusammengepanscht und dabei die Menschen um ihre Existenz gebracht werden, sollte man wieder öfter mal das schöne alte Liedchen singen: „Hoch vom Dach schreit’s jede Dohle/brecht die Macht der Monopole“ weiß sich mit sich selbst ganz einig

Ulrich
„Hardcore“ Reineking