Ehrungslos

Keine Feier mit Martin Rooney: Der Germanist erhält den Friedenspreis der Villa Ichon per Post

Martin Rooney erhält den diesjährigen Kultur- und Friedenspreis der Villa Ichon. „Er ist Preisträger und bleibt Preisträger“, unterstreicht Luise Scherf auf Anfrage. „Das ist eine einstimmige Vorstandsentscheidung gewesen“, so die Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer der Villa weiter, „ und die wird auch nicht zurück genommen.“ Allerdings wird der britische Germanist mit Wohnort Bremen das Preisgeld per Überweisung und die Urkunde auf dem Postweg erhalten – oder zumindest nicht im üblichen Rahmen einer Feierstunde. „Der Festakt am 8. März entfällt“, so Scherf. Dies habe der Vorstand mehrheitlich beschlossen – nach taz-Informationen mit zwei zu drei Stimmen.

Damit hat die Ehrung im 20. Jahr ihres Bestehens ihren ersten Skandal. Hintergrund der kurzfristigen Absage nämlich ist ein Leserbrief des Preisträgers, der am 13. Februar in der taz-Bremen unter dem Titel „Keine Solidarität mit Israel“ erschien. In dem Beitrag kritisiert Rooney, der zumal für seine Arbeiten über die Unterdrückung Armeniens geehrt werden sollte, die aktuellen Friedenskundgebungen. „Bedenklich“ würden ihn der „hyperemotionale Antiamerikanismus“ der Rednerinnen und Redner stimmen sowie ihre „innere Beziehungslosigkeit zu Israel“. Zugleich attackiert er „die Überheblichkeit und Ignoranz der Demonstranten gegenüber den wirklichen Gefahren“. Diese gingen nicht von den USA, sondern von Saddam Hussein aus.

Anstoß an dem Schreiben hatte zunächst Heinrich Hannover genommen. In einem Schreiben an den Vereinsvorstand forderte der Preisträger von 1987, die Auszeichnung Rooneys müsse „unbedingt verhindert werden“. Durch sie werde die Ehrung „nachhaltig beschädigt“. Im Gespräch mit der taz betonte der durch wichtige politische Prozesse berühmt gewordene einstige Strafverteidiger, Rooney könne von ihm aus „jede Meinung vertreten“. Doch indem er „mit ziemlich harten Worten“ alle angreife, die Widerstand leisten gegen „die Vorbereitung eines Kriegsverbrechens“, sei er „nicht der richtige Mann für einen Friedenspreis“.

Der Protest zeigte Wirkung. Die Rücknahme der Preisvergabe jedoch sei nicht in Frage gekommen, hob Schriftführer Klaus Hübotter hervor. Auch, wenn er es mittlerweile als eine Fehlentscheidung ansehe, Rooney die Ehrung zugesprochen zu haben. „Die Angelegenheit ist ausgesprochen ärgerlich.“ Das einstimmige Votum sei nur ohne Kenntnis des Rooneyschen Briefes zustande gekommen. „Nach meiner Überzeugung“, schätzt auch Vorjahrespreisträger Klaus Huber ein „dürfte Rooney den Kultur- und Friedenspreis gar nicht annehmen.“

Rooney hingegen hält die Absage des Festakts für „eine Schikane“. Er stehe mit seiner Kritik an der aktuellen Friedensbewegung nicht allein, verweist er auf den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden, Paul Spiegel. Es sei „wichtig, unterschiedliche Meinungen aushalten zu können“.

Benno Schirrmeister