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: Sportler-Initiative gegen den Krieg im Irak

Und Friede auf Erden

Als die Organisation „Sportlerinnen und Sportler für den Frieden“ vor zwölf Jahren gemeinsam mit der Sportredaktion der taz einen Aufruf gegen den sich anbahnenden Golfkrieg des Mr. Bush senior initiierte, gehörte zu den Unterzeichnern auch ein gewisser Dr. Klaus Steinbach. Inzwischen gibt es wieder „Sportlerinnen und Sportler für den Frieden“, die sich mit einem neuen Aufruf gegen den Krieg von Bush junior wenden, doch den Namen Steinbach wird man vergeblich bei den Unterzeichnern suchen. Der Mann hat es inzwischen zum Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) gebracht und kritisierte die Friedensinitiative kürzlich als „antiamerikanisch“ und „parteipolitisch motiviert“.

Der Unmut des Präsidenten liegt vor allem in den Initiatoren der aktuellen Aktion (www.gymmedia.com/friedensappell) begründet. Neben der ehemaligen Leichtathletin Gunhild Hoffmeister, die wie viele ehemalige DDR-Athleten schon 1991 zu den Unterstützern des Aufrufs zählte, geht die Sache vor allem auf Gustav „Täve“ Schur zurück, Radsportidol der DDR und bis letztes Jahr für die PDS im Bundestag, sowie den Turn-Olympiasieger Klaus Köste, der in Schurs Büro arbeitete.

Den Rahmen einer PDS-Propaganda-Aktion hat die Initiative allerdings längst gesprengt, auch wenn sie nach wie vor überaus ostdeutsch daherkommt. Mittlerweile haben fast 900 Menschen unterzeichnet, viel, viel mehr als 1991, eine Zeit – man glaubt es kaum – noch ohne Internet und E-Mail. Die Liste weist so ziemlich alles auf, was Rang und Namen hatte im DDR-Sport und teilweise auch später. Bis auf wenige Ausnahmen, wie Radprofi Jan Ullrich, Ringer Alexander Leipold oder Biathlet Sven Fischer, fehlen allerdings die Stars und Sternchen der Gegenwart.

Dafür sind die Größen von gestern en masse vertreten. Eisprinzessinnen wie Gaby Seyfert, Katarina Witt, ihre Trainerin Jutta Müller, Skispringer wie Jens Weißflog und Helmut Recknagel, Fußballer wie Bernd Bransch, Henning Frenzel, Dixie Dörner, auch aktuelle Bundesligatrainer wie Hans Meyer oder Eduard Geyer, dazu RodlerInnen, LeichtathletInnen, BiathletInnen, BobfahrerInnen, Boxer, SchwimmerInnen, EisschnelläuferInnen, KanutInnen usw. usf.

Westsportler indes sind rar gesät, auch wenn sich immerhin ehemalige Radsportstars wie Rudi Altig oder Hennes Junkermann beteiligten. Ein wenig seltsam ist das westliche Desinteresse schon, auch wenn es bereits vor zwölf Jahren deutlich einfacher war, in der DDR sozialisierte Athleten für den Friedensappell zu gewinnen. Ist die inzwischen häufig geleugnete Ost-West-Spaltung des Sports tatsächlich noch voll intakt, oder liegt es, wie Klaus Köste sagt, nur daran, dass die Kontakte der Initiatoren vorwiegend östlich geprägt sind?

In diesem Fall könnte es durchaus hilfreich sein, wenn westliche Mitglieder der alten Initiative „Sportlerinnen und Sportler für den Frieden“, auf die sich die jetzige ausdrücklich beruft, Amtshilfe leisten würden. Schließlich handelte es sich auch damals um eine west-östliche Kooperation, etwa bei der Friedensstafette Paris–Moskau im Juli 1989 oder der Oder-Neiße-Friedenstour ein Jahr später.

Das Urteil des NOK-Präsidenten, dem die CDU/CSU-Fraktion begeistert applaudierte, war dieser Sache nicht gerade dienlich, weshalb die Replik auch entsprechend scharf ausfiel.

Täve Schur verwahrte sich in einem offenen Brief gegen die Vorwürfe Steinbachs. Die Kanutin Birgit Fischer, erfolgreichste deutsche Olympionikin aller Zeiten und FDP-Europaparlamentskandidatin, meinte sarkastisch: „Na ja, wenn er so was sagt, dann wissen wir ja ungefähr, in welcher Partei er ist.“

Besonders erbost ist man über den Vorwurf des Antiamerikanismus. Tatsächlich ist der Wortlaut des Appells wesentlich allgemeiner gehalten als der von 1991, wo zum Beispiel gefordert wurde, dass „die Politik der USA und der anderen am Konflikt beteiligten Länder vom Willen zum Frieden und nicht vom Interesse am Öl“ bestimmt sein sollte. Im aktuellen Aufruf heißt es, dass „möglichst viele deutsche Sportlerinnen und Sportler ihre Stimme gegen einen drohenden Krieg im Irak oder sonstwo auf der Welt erheben“ mögen. Auf einem Foto sind Demonstranten zu sehen, die ein Transparent mit dem Slogan tragen: „We love America, we hate war.“

Ausdrücklich angesprochen wird die deutsche Olympiabewerbung für die Spiele 2012. Ein heikles Thema, denn der Einfluss der USA im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ist beträchtlich. Im letzten Jahr ließ Colin Powell den IOC-Präsidenten Jacques Rogge mit seiner Forderung nach Waffenruhe während der Winterspiele in Salt Lake City eiskalt abblitzen. Zum drohenden Irakkrieg ist von den Hütern des Olympischen Friedens bislang nichts zu hören. MATTI LIESKE