Nie mehr unkontrolliert an Bord

Bundesamt für Seeschifffahrt checkt Terrorgefahr im Schiffsverkehr. Jahresbericht: Ungewöhnliches Jahr für Nord- und Ostsee

von GERNOT KNÖDLER

Wer ein Seeschiff betreten will, muss ab dem 1. Juli seinen Ausweis vorzeigen, um Terroranschläge zu verhindern. Darauf hat der Präsident des Hamburger Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), Peter Ehlers, gestern bei der Vorstellung des Jahresberichts seiner Behörde hingewiesen. Das BSH setzt die nach dem 11. September 2001 international vereinbarten Sicherheitsstandards auf deutscher Seite um. Ehlers kündigte die Entscheidung über vier weitere Offshore-Windparks innerhalb von vier Wochen an.

Die Umsetzung der neuen Anti-Terror-Standards zeigt, wie schnell die Staatengemeinschaft reagieren kann, wenn ein mächtiger Akteur Druck macht. „Ich kenne kein Beispiel, wo man international ein Projekt in anderthalb Jahren umgesetzt hat“, sagte Ehlers. Seine Behörde hat zusammen mit dem Verband Deutscher Reeder Checklisten ausgearbeitet, mit denen das Terrorrisiko bei Schiffen bewertet werden kann, und die dazugehörenden Musterpläne zu Gefahrenabwehr. Das BSH zertifiziert Gefahrenabwehr-Ausbilder und Klassifikationsgesellschaften, die Sicherheitszeugnisse für Schiffe ausstellen.

BSH-Abteilungsleiter Christoph Brockmann geht von vielfältigen Bedrohungen aus: Schiffsentführungen wie bei dem Kreuzfahrer Achille Lauro in den 80er Jahren, Schmuggel von Waffen oder Terroristen, Anschläge auf Schiffe wie bei dem französischen Öltanker „Limburg“ im Oktober 2002. Oder Fälle, in denen Schiffe, etwa Gastanker, selbst zur Waffe würden. Kontrollen, Nachweispflichten, aber auch ein Automatisches Schiffsidentifikationssystem (AIS) sollen diesem vorbeugen.

Das BSH jagt zwar nicht direkt Terroristen, dafür aber Umweltsünder. Bei 30 Strafverfahren versuchten BSH-Laboranten durch einen Vergleich von Ölproben den sabbernden Tanker zu ermitteln. Wegen der illegalen Einleitung von Öl, Chemikalien und Schiffsabwässern wurden im vergangenen Jahr 240 Anzeigen erstattet. Das BSH verhängte 340.000 Euro Bußgelder.

Nachdem 2003 kein neuer Windpark auf hoher See (offshore) genehmigt wurde, stehen Ehlers zufolge in den kommenden vier Wochen vier Windparks zur Entscheidung an. Zwei weitere sind entscheidungsreif. Diese Verfahren seien sehr kompliziert. „Wir merken, dass die Meere gerade vor unserer Haustür immer intensiver genutzt werden“, sagte Ehlers. Schifffahrtsstraßen, militärische Übungsgebiete, Rohstoffabbau, Naturschutz und Windenergie kommen sich ins Gehege.

Die Schadstoffkonzentrationen in der Nordsee waren meist niedrig. Nach dem Elbhochwasser vom August 2002 sei nur vorübergehend das Insektizid Lindan in starken Konzentrationen gemessen worden. Der heiße Sommer führte zur „längsten und intensivsten Warmphase der letzten 130 Jahre“. Wegen ihres extrem niedrigen Wasserstandes strömte erstmals seit zehn Jahren wieder viel salziges und sauerstoffreiches Nordseewasser in die Ostsee. Deren Überdüngung sei nach wie vor ein Problem.