Schadstoff mit Lachs

Zuchtfische sind kleine Schwermetalllager. Und machen langsam den letzten echten wilden Lachsen den Garaus

STOCKHOLM taz ■ Neu ist der Alarm der US-Forscher in der Zeitschrift Science nicht: Zuchtlachs ist ein Giftkonzentrat. Das hat eine der bisher größten Studien mit Lachsproben aus Nordamerika und Europa ergeben (s. taz vom 9. 1.). Vor allem die in Europa gefarmten Fische aus so traditionellen Lachsländern wie Schottland und Norwegen haben es in sich. Doch auch der Pazifik-Lachs liegt in Sachen Schadstoffbelastung kaum besser.

Und das ganz zwangsläufig: Denn das Futterkonzentrat für die Zucht besteht überwiegend aus Fischöl und -mehl. Und deshalb auch aus all den chemischen Hinterlassenschaften, die diese fein gemahlenen Futterfische aufgenommen haben. Kein Wunder also, dass die Forscher reichlich bei PCB, DDT und Dioxinen fündig wurden. Und den VerbraucherInnen nun eine Beschränkung ihres Zuchtlachskonsums empfehlen, die für die Meeresfarmen von Norwegen bis Chile existenzbedrohend sein könnte.

Schaden würde das nicht: Denn die derzeit vorherrschende Art der Fischaufzucht ist nicht nur ungesund, sondern auch Ressourcen verschwendend. Die Aufzucht verbraucht wesentlich mehr Fisch, als sie produziert.

Doch es geht nicht nur um den Fischbestand. Die industrielle Staubsaugerfischerei zum Zweck der Fischfutterproduktion führt dazu, dass die lokalen Küstenfischer an den Küsten Südamerikas, Afrikas oder Indiens immer weniger in ihre Netze bekommen. Das Protein, mit dem sie sich früher selbst ernähren konnten, landet jetzt im Zuchtfisch. Der wiederum ist so teuer, dass sie ihn sich nicht mehr selbst leisten können.

Die Branche weiß sehr wohl, dass es so nicht weitergeht. Und arbeitet an weniger Ressourcen verschleudernden Futteralternativen. In Norwegen stellt man in einer Fabrik Bakterien aus Naturgas her, die dem Fischfutter zugesetzt werden. Seit drei Jahren wird hiermit recht erfolgreich experimentiert. Doch produziert man im Moment gerade einmal 3.000 Tonnen jährlich. Bei der schwedischen Firma Skretting, einem der größten Fischfutterproduzenten, laufen Versuche mit vegetarischem Futter für die Lachse. Und in Großbritannien wird eine Futtermischung aus Würmern, Bierhefe und Soja ausprobiert.

Doch für manche Meeresforscher ist auch das nur Symptomkorrektur: Sie fordern das Ende der jetzigen Züchterei. Denn mit ihren Krankheiten, Parasiten und modifizierten Exemplaren, die den Farmen entkommen, zerstört die Lachszucht langsam auch die letzten Wildlachsbestände. REINHARD WOLFF