Virtuelle Großdemo

Per E-Mail, Fax und Telefon hat die US-Friedensbewegung massenhaft das Weiße Haus und den Senat belagert

WASHINGTON taz ■ Amerikas Kriegsgegner proben eine neue Protestform. Hunderttausende von ihnen sind am Mittwoch gleichzeitig ins Internet gegangen oder haben zum Telefonhörer gegriffen. Sie überschwemmten Regierungsstellen und Kongressabgeordnete in der US-Hauptstadt mit Protestanrufen und E-Mails. Bei zahlreichen Senatoren klingelte das Telefon im Sekundentakt. Die Telefonverbindung im Weißen Haus, die für Bürgeranrufe reserviert ist, war stundenlang besetzt. Zu dem „virtuellen Marsch auf Washington“ hatte die Friedensorganisation „Win Without War“ aufgerufen (www.winwithoutwarus.org).

Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein aus Kalifornien registrierte bis zum Nachmittag mehr als 800 Anrufe. „Es klingelte ununterbrochen“, sagte sie. Beim Fraktionschef der Demokraten im Senat, Tom Daschle, gingen nach Angaben eines Mitarbeiters doppelt so viele Anrufe ein wie an normalen Tagen. Senator Dick Durban erklärte, er habe seit Dienstagabend 18.000 E-Mails erhalten, das Fünffache der sonst üblichen elektronischen Post. „Wir haben einen etwas stärkeren E-Mail-Verkehr als normal registriert“, sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung vorsichtig. Bei den Anrufen habe es sich um ein „ziemlich hohes Volumen“ gehandelt. Zahlen wollte er jedoch nicht nennen.

Der ehemalige Kongressabgeordnete Tom Andrews und Mitorganisator der Aktion war schlicht begeistert. „Es ist ein voller Erfolg.“ Nach seinen Schätzungen erhielten Abgeordnete und Regierungsmitarbeiter mehr als eine Million Antikriegsbotschaften.

Nach mehreren Internetaufrufen hätten 500.000 Menschen sich schon vorher als Teilnehmer registrieren lassen. Innerhalb von acht Stunden hätten mehr als eine Million Menschen angerufen. MICHAEL STRECK