Dortmunds teure Sozialsoftware

Die Stadt Dortmund entwickelt jahrelang eine kommunale Software. Andere sind schon längst fertig

Dortmund taz ■ Vor drei Jahren hörte sich alles so schön an: Die Stadt Dortmund als Software-Unternehmen bastelt sich ihre eigene Software zur Erfassung und Betreuung der Empfänger sozialer Hilfen und verkauft diese dann auch noch bundesweit an andere Kommunen. Die Realität heute: Aus dem Entwicklerpool des Projekts „SOLID“ sprangen die Kommunen reihenweise ab, und die Programmierer versuchen gerade die Hartz-Reformen ins Programm einzuarbeiten. Bis jetzt ist das System auf keinem Rechner installiert.

Und der Entwickler der kommunalen Software, die ID Bremen hatte im letzten Jahr die Insolvenz gerade vermeiden können, indem sie sich vom Führungskonzern und Telekom-Abkömmling T-Systems vor der Pleite retten ließ. Denn die für die Dortmunder arbeitenden Programmierer hatten im abgelaufenen Jahr 2,5 Millionen Euro Verlust angehäuft.

Die Konkurrenten auf dem Softwaremarkt für Gemeinden können die Schwierigkeiten des Dortmunder Engagements nicht verstehen: „Wir sind in diesem Bereich führend“, sagt Jochen Stolte von der Dortmunder Softwarefirma Lämmerzahl, die im letzten Jahr nach eigenen Angaben innerhalb von drei Monaten ein vergleichbares System in der Stadt Essen installiert hat.

Christian Uhr, Sprecher der Dortmunder SPD-Ratsfraktion hält die Verzögerungen bei der Software-Entwicklung hingegen für normal. Es handele sich schließlich um Sachbearbeiter unterstützende Software. „Durch die Neuerung die Hartz bringt, ist der Einsatz verschoben worden.“ Zudem sei die Firma Lämmerzahl und andere Firmen nicht in der Lage gewesen, eine den Anforderungen entsprechende Software zu schreiben. „Das stimmt nicht“, sagt Stolte dazu. Er glaubt nicht, dass die Dortmunder Auswahl fachliche Gründe gehabt hat.

Welche Gründe auch immer für das Software-Debakel verantwortlich sind, SPD-Mann Uhr glaubt noch an den Erfolg des Engagements: „Es muss ja nicht jeder das Rad neu erfinden. Wenn wir anderen Kommunen helfen können, würden wir die Software auch verkaufen.“

Wer was an wen verkauft, könnte die Dortmunder bald wundern. Denn der Hertener Kommunalsoftware-Anbieter Prosoz hat sich kürzlich für ein bundesweites Projekt mit T-Systems zusammengeschlossen. Es könnte gut sein, dass in Dortmund also bald Software aus Herten läuft. Und die ist schon seit Jahren lauffähig im Einsatz.

ELMAR KOK