Köln ist offen für olle Kamelle

Die Einführung einer Zweitwohnungssteuer ist in Köln zwar wieder vertagt. Aber langfristig will die Stadt auf die Abgaben etwa von Studierenden, die bei den Eltern gemeldet sind, nicht verzichten

VON FRANK ÜBERALL

Köln bekommt vorerst keine Zweitwohnungssteuer. Darauf hat sich die schwarz-grüne Ratsmehrheit nach Angaben des Vize-Fraktionschefs der Grünen, Jörg Frank, gestern geeinigt. Kämmerer Peter-Michael Soénius hatte die Diskussion über eine Einführung der Abgabe neu belebt, nachdem die städtische Kasse immer klammer wird. Ganz zu den Akten gelegt ist das Thema deshalb auch noch nicht.

„Wir wollen bis zum September beobachten, wie sich die Einnahmen entwickeln. Dann werden wir eine Entscheidung treffen“, orakelte Frank. „Wir setzen auf die Einsicht mündiger Bürger“, so der Grünen-Politiker. „Wenn der sich aber unmündig zeigt, muss der Obrigkeitsstaat zuschlagen.“ Das heißt, vor allem bei den Studierenden mit Zimmer zuhause bei den Eltern und Bude in Köln würde die Stadt erbarmungslos abkassieren.

Jörg Detjen von der PDS hält das für Unsinn. Mit dem Zuzugs-Bonus für Studierende, den seine Gruppe seinerzeit zusammen mit dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) angeregt habe, könne ebenfalls viel Geld in die Stadtkasse gespült werden. 1.100 Studierende hätten die Gutscheinhefte etwa für Museen und Schwimmbäder bereits bekommen, die bei Anmeldung des Hauptwohnsitzes in Köln verschenkt werden. Pro NeukölnerIn bekommt der Kämmerer 900 Euro im Jahr an Schlüsselzuweisungen aus der Einkommensteuer vom Land. „Selbst wenn man die Kosten für die Bonushefte und Verwaltung abzieht, bleibt da ein hübsches Sümmchen übrig“, meint Detjen.

Bis zum Herbst sei aber kaum ein Durchbruch zu erzielen, sagt der PDS-Ratsherr. Deshalb dürfe nicht direkt nach der Kommunalwahl im September die Zweitwohnungssteuer eingeführt werden. „Das schwarz-grüne Steuerchaos muss eingedämmt werden. Repression hilft uns nicht weiter.“

Grünen-Politiker Jörg Frank fordert vom AStA jetzt eine Werbeoffensive gemeinsam mit der Stadt. Wer die Zweitwohnungssteuer verhindern wolle, müsse vor allem die Neustudierenden am Semesteranfang davon überzeugen, möglichst schnell den Erstwohnsitz in Köln anzumelden – und dafür die Bonusgutscheine zu kassieren. Auch Jörg Detjen hat bereits mit dem AStA darüber gesprochen und positive Signale erhalten.

Nach Angaben der Verwaltung gibt es im Kölner Stadtgebiet rund 49.000 Zweitwohnsitze. Wenn man diese „Einwohner“ mitzählt, die in der offiziellen Statistik des Landes nicht mit gerechnet werden, hat Köln längst die magische Marke von einer Million Einwohner überschritten. Als ärgerlich empfinden es sowohl Politiker als auch Verwaltungsfachleute, dass die Schlüsselzuweisungen der Einkommensteuer ausschließlich nach dem Erstwohnsitz verteilt werden. Obwohl die Studierenden während des Semesters ausschließlich in Köln leben, melden sie sich überwiegend nicht um.

Nach Angaben des städtischen Presseamts seien zahlreiche Kommunen dazu übergegangen, für diese Fälle eine Zweitwohnsitzsteuer einzuführen. Nach langen Diskussionen im Stadtrat hatte man sich in Köln davon verabschiedet und eine „Anreiz-Regelung“ beschlossen. Seit dem 1. Januar sind die Bonuskarten gültig, die Studierende für ihre Ummeldung erhalten.