Jetzt geht’s um die Wurst

Die Berliner haben sich bislang wenig um die Sauberkeit ihrer Stadt geschert. Mit neuen bezirklichen Ordnungsämtern wird nun Hundekotverbreitern und Grillverbotsverächtern auf die Pelle gerückt

von PLUTONIA PLARRE

Eine achtlos weggeworfene Getränkedose kostet 35 Euro. Eine auf dem Bürgersteig ausgetretene Kippe schlägt mit 30 Euro zu Buche. Wer die Scheiße seines Hundes nicht in einem Müllbehälter entsorgt, muss 25 Euro berappen. Der Bußgeldkatalog, mit dem Ordnungswidrigkeiten wie diese geahndet werden können, existiert schon lange. Kaum jemand hat die Sanktionen jedoch zu spüren bekommen. Denn kontrolliert wurden die Vergehen in Berlin bisher kaum.

Das soll nun anders werden. Bei den Bezirken werden zurzeit Ordnungsämter eingerichtet, zu deren wesentlichen Aufgabe es gehören wird, Bürger für Regelverstöße zur Kasse zu bitten.

Ursprünglich sollten die Ordnungsämter am 1. April bei den Bezirken in Betrieb gehen. Mittlerweile sieht es aber so aus, dass es Sommer oder sogar Herbst werden könnte. Die Verhandlungen zwischen Senat und Bezirken sind weit fortgeschritten, das künftige Aufgabentableau ist abgesteckt. Es hakt aber an der Personalausstattung. Weil die Ordnungsämter nicht nur für Straßen und Grünflächen zuständig sein werden, sondern auch für die Überwachung des ruhenden Verkehrs – sprich Knöllchenschreiben für Parksünder – und für alles, was mit Straßenfesten zu tun hat, „brauchen wir natürlich mehr Stellen in den Bezirken“, sagt die Bürgermeisterin von Lichtenberg, Christine Emmerich (PDS). 15 bis 30 Leute müssten es schon sein, meint der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Klaus Ulbricht (SPD).

Geklärt werden muss nicht nur der genaue Personalbedarf, sondern auch aus welchem Etat die neuen Mitarbeiter langfristig bezahlt werden. Dass sie aus dem Stellenpool des Landes rekrutiert werden, drängt sich auf, ist aber noch nicht beschlossen. Der Personalüberhang im öffentlichen Dienst umfasst zurzeit 3.200 Beschäftigte, deren ursprüngliche Stellen mit einem „Kann-weg-Vermerk“ versehen sind.

Bislang war die Idee von sauberen Straßen und Grünanlagen in der Hauptstadt nur graue Theorie. 40 bis 60 Tonnen Hundekot werden täglich in Berlin breit getreten. Anzeigen wegen Nichtbeseitigung der Haufen werden kaum geschrieben, obwohl es seit 1987 eine entsprechende Hundekotverordnung gibt. So wurden beispielsweise 1999 nach Angaben von Staatssekretärin Maria Krautzberger ganze 45 Anzeigen erstattet, in 25 Fällen wurde ein Bußgeld verhängt.

Alle öffentlichen Appelle, pfleglicher mit dem Wohnumfeld umzugehen, liefen ins Leere. Auch die Aktion „Saubere Stadt“, für die Politiker mit einem Besen posierten, zeitigte nicht den gewünschten Erfolg. Dabei hatte sich Umweltsenator Peter Strieder (SPD) persönlich an die Spitze der Kampffront gestellt und tief in die Landeskasse gegriffen, um eine Plakatreihe zu finanzieren, die zu allem Überfluss ziemlich peinlich ausfiel. 11.000-mal war die großflächige Mahnung aus dem Hause Strieder in der Stadt zu lesen. „Nur ein kleines Würstchen. Genau wie Herrchen“, stand neben dem Bild von einem kackenden Hund. Und neben einem Graffiti-Sprayer: „Schnell am Drücker. Langsam im Kopf“.

Für den Baustadtrat von Friedrichhain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), steht fest: „Der Erfolg der Ordnungsämter steht und fällt mit der Effektivität des Außendienstes.“ Jeder Mensch sei erziehbar, auch die Berliner. „Die Einsicht wird über das Portemonnaie herbeigeführt“, ist sich Schulz sicher.

Wichtig ist nach übereinstimmender Auskunft, dass die bezirklichen Ordnungshüter für den Umgang mit einem schwierigen Klientel geschult werden. Was die rechtlichen Befugnisse der Kiezstreifen angeht, bedarf es nach Einschätzung des Sprechers der Innenverwaltung, Peter Fleischmann, voraussichtlich keiner Gesetzesänderung. „Bezirksamtsmitarbeiter dürfen Bürger zum Zwecke der Personalienfeststellung auch festhalten“.

Anders verhält es sich nur bei 13 Parkwächtern in Neukölln, die bereits seit 2000 in den Grünflächen des Bezirks Streife laufen, aber als Honorarkräfte auf die freiwillige Herausgabe der Personalien angewiesen sind. Doch die bekommen demnächst ja Verstärkung.