hamburg gegen berlin
: Revanchefoul von der Alster

Die feine hanseatische Art ist das nicht: Hamburg will nicht für alte Berliner Schulden aufkommen müssen. Dahinter steckt der fatale Glaube, die Gesamtheit eines Staats nehme keinen Schaden, wenn die öffentliche Infrastruktur seiner Hauptstadt zusammenbricht. Das kann man aber noch unter „gewöhnliche Provinzscheuklappen“ abrechnen. Ungewöhnlich ist hingegen, dass der Hamburger Senat die Angelegenheit nutzt, die Arbeit seiner Berliner Kollegen schlecht zu machen. Landesregierungen, die sich öffentlich bekämpfen, kommen im föderalen Deutschland nicht allzu oft vor.

KOMMENTAR VON ROBIN ALEXANDER

Liegt der Konflikt im schwierigen Verhältnis der beiden größten deutschen Städte zueinander begründet? Mit Rot-Rot hier und dem Bürgerblock inklusive Rechtspopulisten dort treffen zwei Enden des politischen Spektrums aufeinander. In Hamburg ist zudem gerade Wahlkampf. Die beiden Bürgermeister haben etwas gemeinsam und stehen doch für einen Gegensatz, wie er größer kaum seien könnte: Als erster deutscher Spitzenpolitiker hat Klaus Wowereit sich selbstbewusst geoutet. Ole von Beust musste hingegen miterleben, wie sein Privatleben von Roland Schill vor aller Welt zur Schmierenkomödie gemacht wurde.

Nachhaltiger als ideologische und persönliche Differenzen wirkt die Konzentration von Aufmerksamkeit auf die Hauptstadt Berlin. Das strukturell gar nicht so andere Hamburg schmerzt das stärker als das ganz eigene und ferne München. Der eigentliche Grund ist jedoch viel profaner und leider ein genereller Trend: Standortkonkurrenz unter verschärften Bedingungen wird zum Standortkampf, in dem alle Mittel erlaubt sind – auch unfaire und unfeine. Berlin hat in beinahe rabiater Weise Unternehmen wie Universal und Vattenfall von der Alster abgeworben. Die Hamburger glaubten, sie hätten ein Revanchefoul gut. Nicht ganz zu Unrecht.