Simbabwe in den Zeiten des Hungers

Wieder einmal breitet sich im Reich Robert Mugabes eine Hungersnot aus. Die internationale Lebensmittelhilfe fließt diesmal spärlicher als vor einem Jahr. Mit nervigen Radiojingles und Polizeikontrollen verwaltet die Regierung die mageren Zeiten

AUS HARARE GODFREY KARORO

Lehrer S. weiß nicht mehr, wann er zuletzt richtig gefrühstückt hat. Nicht einmal Toilettenpapier kann er sich mehr leisten. Als langjähriger Aktivist der simbabwischen Regierungspartei bekam er im Dezember zehn Hektar enteignetes Farmland zugewiesen, aber das nützt ihm nichts. „Der vorherige Besitzer nahm die Pumpen von den zwei Bohrlöchern mit. Jetzt soll ich neue kaufen, für drei Millionen Zim-Dollar das Stück. Wo soll ich das herholen?“

Seinen richtigen Namen darf S. nicht nennen, denn Staatsangestellten in Simbabwe ist der Kontakt zu Journalisten verboten. Diesen Monat wurde sein Lehrergehalt zwar um 250 Prozent erhöht, auf 360.000 Zim-Dollar. Nach dem Schwarzmarktkurs sind das aber auch nur 50 Euro, und die offizielle Inflationsrate liegt bei 620 Prozent.

Selbst Simbabwes Regierung gibt heute zu, dass die „Landreform“ der letzten Jahre – die Besetzung kommerzieller Großfarmen und die Umverteilung des Landes an Regierungsanhänger oder Landlose – nicht funktioniert hat. „Manchmal haben nur 40 Prozent der Leute, die Land bekamen, es auch angenommen“, gab ein Minister kürzlich zu. Viele Bauern können mangels Kapital nur für den Eigenbedarf produzieren.

So steht Simbabwe erneut vor einer Hungersnot. Nach Schätzungen von Hilfswerken brauchen fünf Millionen Menschen auf dem Land Nahrungsmittelhilfe und bis zu eine Million in den Städten – über die Hälfte der Bevölkerung. „Die meisten Leute glauben, dass dieses Jahr schlimmer wird als 2003“, sagt Sipho Dhlamini, Besitzer eines kleinen Maisfelds in Highfield bei Harare. „Damals wurde viel Lebensmittelhilfe verteilt, besonders auf dem Land. Diesmal bete ich einfach, dass ich wenigstens ein oder zwei Säcke Mais ernte, damit meine Familie für ein oder zwei Monate zu essen hat.“

Die internationale Hilfe ist geringer als vor einem Jahr. Das UN-Welternährungsprogramm WFP musste im Dezember seine Rationen für Simbabwe halbieren. Für Januar stehen dem WFP statt der benötigten 59.000 Tonnen Lebensmittel nur 34.000 zur Verfügung; so werden nur 2,6 Millionen Menschen statt 3,5 Millionen versorgt.

Simbabwes Regierung unter Präsident Robert Mugabe stimmt die Bürger auf ihre Weise auf magere Zeiten ein. An Straßensperren durchsucht die Polizei sämtliche Fahrzeuge, die in die Hauptstadt Harare kommen. Wer mehr als 50 Kilo Mais transportiert, muss die zusätzliche Menge abgeben. Das befördert den Schwarzmarkt. Händler bringen Mais in kleinen Mengen in die Städte, um ihn teuer zu verkaufen. Städter wandeln auch ungenutztes Land in Maisfelder um.

Auf den vier staatlichen Rundfunksendern und dem staatlichen Fernsehen läuft bis zum Überdruss ein Jingle, der die verelendeten Massen dazu auffordert, ihre Gürtel noch enger zu schnallen. „Rambai Makashinga“ heißt das Lied: „Haltet durch“. So nennen die Leute inzwischen auch das, was für viele von ihnen die Tagesmahlzeit darstellt – eine Schüssel weich gekochte Maiskörner. Eine Direktive des Informationsministerium zwingt die Sender dazu, das Lied mindestens zweimal die Stunde auszustrahlen, den ganzen Tag. So können jetzt auch Kleinkinder mit Hungerbäuchen „Rambai Makashinga“ mitsingen, während ihre arbeitslosen Eltern mit den Füßen wippen.

Ein neuer Jingle, „Füllt die Speicher“, soll die müden Bauern anhalten, zur Regenzeit die Felder zu bestellen. Aber Experten kalkulieren, dass es selbst bei einer sofortigen Gesundung des Agrarsektors fünf Jahre dauern würde, bis sich der einstige Lebensmittelexporteur Simbabwe wieder selbst versorgen kann.