Elf Jahre Haft für Plavšić

Das Kriegsverbrechertribunal der UNO verurteilt die frühere bosnisch-serbische Präsidentin wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Gericht wertet Geständnis strafmildernd. Opferverbände enttäuscht, sie fürchten baldige Freilassung Plavšić’

DEN HAAG ap/dpa/taz ■ Das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hat die frühere bosnisch-serbische Präsidentin Biljana Plavšić am Donnerstag zu elf Jahren Haft verurteilt. Das Gericht berücksichtigte jedoch, dass Plavšić geständig war.

Die 72-Jährige ist die ranghöchste Politikerin aus dem ehemaligen Jugoslawien, die bislang von dem Tribunal verurteilt wurde. Die Anklagevertreterin Carla del Ponte hatte 15 bis 25 Jahre Haft beantragt, die Verteidigung dagegen acht Jahre.

Richter Richard May erklärte in seiner Urteilsbegründung, Plavšić sei während des Bosnienkriegs 1992 bis 1995 an Verbrechen von „größter Schwere“ beteiligt gewesen. Übermäßige Milde sei nicht angebracht gewesen.

Das Gericht berücksichtigte jedoch, dass Plavšić geständig war und sich nach dem Krieg um Frieden und Versöhnung bemüht habe. Richter May sah sie allerdings nicht in der ersten Reihe der schuldig gewordenen Verführer. Dennoch: Es gibt Bilder, die zeigen, dass die „Eiserne Lady“ inbrünstig die nationale Flagge küsste. Und es gibt Belege, dass sie einst alle Hinweise auf Gräueltaten im Namen Serbiens als pure Erfindungen vom Tisch gefegt hat. Plavšić distanzierte sich aber dann früh vom bosnischen Serbenführer Radovan Karadžić. Und sie kämpfte bei den vor Zorn blinden Serben um Zustimmung für die Friedensbestimmungen von Dayton. Anders als Slobodan Milošević, den die Anklage in Den Haag als den eigentlich Verantwortlichen für die blutigen Konflikte in Kroatien, Bosnien und im Kosovo bezeichnet, hat für Plavšić die These von der weltweiten Verschwörung gegen die Serben keine Glaubwürdigkeit.

Das Gericht erklärte, bei dem Urteil seien das fortgeschrittene Alter der Angeklagten und die Aussagen von Zeugen wie die frühere US-amerikanische Außenministerin Madeleine Albright berücksichtigt worden. Albright hatte die positive Rolle Plavšić’ im Friedensprozess nach dem Abkommen von Dayton unterstrichen. Andererseits, so das Gericht weiter, habe Plavšić aber auch ihre Augen vor Mord, Folter und Plünderungen verschlossen.

Vertreter der Opferverbände in Sarajevo zeigten sich in ersten Stellungnahmen von dem Urteil enttäuscht. Vor allem die Frauen von Srebrenica sehen das Urteil als zu mild an. Sie befürchten zudem, dass Plavšić die Haftstrafe in einem Land „ihrer Wahl“ absitzen könne. Sie spielen damit auf Gerüchte an, wonach Plavšić nach Schweden überführt werden möchte, wo Strafgefangene nach Ablauf ihres 70. Lebensjahrs auf freien Fuß gesetzt werden können.

Die Anklage war Plavšić im Laufe des Verfahrens entgegengekommen und hatte nur noch Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Verhandlungsgegenstand machen wollen. Dagegen wurde die Anklage wegen Genozids fallen gelassen. ER