Geschichten aus Altona

Das Projekt „ACHTUNG“, eine Initiative gegen Gewalt und Rassismus in Altona, bringt zweites Buchprojekt heraus. Menschen aus Altona schreiben über ihren Stadtteil und seine Bewohner

von ANDREAS WITTKOPP

„Hallo, ich heiße Ken Bora und gehe in die vierte Klasse der Schule Chemnitzstraße. Was ich doof finde ist, dass die türkischen Kinder mich immer ärgern und nicht mitspielen lassen.“ So beginnt einer der rund 160 Beiträge, die in dem Buch „Geschichten aus Altona“ versammelt sind. Vor zwei Tagen wurde es mit einer AutorInnenlesung im Haus Drei vorgestellt.

Herausgeber der gesammelten Geschichten ist das Projekt „ACHTUNG“, eine Initiative gegen Gewalt und Rassismus in Altona. Das Projekt entstand bereits im Sommer 2001 auf Anregung des bezirklichen Jugendamtes und ist eine von vielen bundesweiten Maßnahmen, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziert und gefördert werden. Ziel von „ACHTUNG“ ist es, Räume und Gelegenheiten zu schaffen, in denen Menschen unterschiedlicher Herkunft miteinander kommunizieren und sich gemeinsam für etwas einsetzen. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Arbeit mit Jugendlichen.

Bereits im Dezember veröffentlichte die Gruppe das Buch „Ausgrenzung ist, wenn...“. Damals hatten Kinder und Jugendliche Zeichnungen für ein Logo des Projekts entworfen und kleine Texte geschrieben, die alle mit dem Titel des Buches anfangen. Bei dem aktuellen Projekt sollten nun alle AltonaerInnen angesprochen werden. Über die Presse und durch Mundpropaganda wurden die Menschen im Stadtteil aufgerufen, Geschichten zu schreiben – über ihren Stadteil, sich selbst oder über die kleinen und großen Alltagserlebnisse. Und in diversen Schreibwerkstätten konnten die Stadtteilbewohner ihre ersten literarischen Versuche unternehmen.

„Jeder wird Gedanken finden, die er nicht mag“

Zusammengekommen sind Texte von Menschen zwischen 6 und 81 Jahren. Sie handeln von Streifzügen durch den Stadtteil, von seinen Bewohnern, von eindringlichen Erlebnissen und Erfahrungen in Altona und anderswo. Aber auch gefühlvolle Gedichte, Aphorismen und kleine fiktive Geschichten lassen sich in dem bunten Werk entdecken. „Das Buch ist ein Dach für die unterschiedlichsten Leute. Jeder wird auch Gedanken finden, die er oder sie nicht mag“, sagt Barbara Maassen, Projektleiterin von „ACHTUNG“. „Wir haben großen Wert darauf gelegt, die Echtheit der Ausdrucks- und Sichtweisen der AutorInnen bei der redaktionellen Bearbeitung der Texte zu erhalten.“

Das Buch, das in einer Auflage von 1000 Stück erschienen ist, hat seinen Weg bereits bis nach Berlin-Kreuzberg und Marseille gefunden, wo nun ähnliche Projekte gestartet werden sollen. „Als nächstes planen wir ein Videoprojekt mit der Regisseurin Buket Alakus („Anam“), bei dem eine der Geschichten verfilmt werden soll“, blickt Maassen in die Zukunft.

Dem zehnjährigen Ken Bora hat das Aufschreiben seiner Nöte offensichtlich schon jetzt Selbstvertrauen gegeben. Mit sicherer Stimme trägt er den Schluss seiner Geschichte vor: „ ...und wenn er mich beschimpft, sage ich innerlich ‘Du kannst mich mal‘.“

Die „Geschichten aus Altona“ gibt es für 6 Euro (Klassensatz ab 15 Stück 3 Euro) bei Karstadt in Altona, in der Buchhandlung Weiland im Mercado, im Haus Drei und bei weiteren Buchläden und Geschäften um und in Altona. Bestellt werden kann es bei Barbara Maassen unter ☎ 43 19 04 88.