Die Selbstdemontage der Hamburger FDP

Parteichef Hinnerk Fock bekommt so gut wie keine Stimmen und steht nun vor dem Rücktritt. Die Kandidaten für den Bundestag heißen Burkhardt Müller-Sönksen und Sylvia Canel. Der politische Selbstmord der FDP

Ihre bevorzugte Automarke heißt Audi, sie tragen – tatsächlich – gelbe Krawatten und lassen im Foyer schon mal eine schwulenfeindliche Zote über einen ihrer Kandidaten ab. Wir sind bei der Hamburger FDP, die am Dienstagabend geladen hat, zu einen neuen Akt des Dramas „Politischer Selbstmord auf Raten“.

Das Drehbuch der Inszenierung, die offiziell Landesvertreterversammlung heißt, ist schon geschrieben. Die bekanntesten Hamburger Liberalen, Landeschef Hinnerk Fock und Parlamentarier Burkhardt Müller-Sönksen haben sich zur Kampfkandidatur um ein Bundestagsmandat entschieden. Nur einer kann gewinnen, der andere bleibt demontiert zurück.

Schon seit Tagen liefern sich die beiden Bewerber eine unterhaltsame Medien-Schlammschlacht. Da werden interne Mail-Wechsel den Medien zugespielt, in denen Fock den Kontrahenten beschuldigt, Nebentätigkeiten verschwiegen zu haben. Müller-Sönksen wiederum lässt keine Gelegenheit aus, über Fock zu lästern und ihm die Alleinschuld an dem finanziellen Chaos durch außer Kontrolle geratene Wahlkampfkosten anzulasten. In dem gespaltenem Landesverband ist der Parteifreund noch die natürliche Steigerung des Erzfeindes. Was auch an diesem Dienstag so bleiben wird.

Als erster wirbt Fock um die 120 Delegiertenstimmen. Nervös und fahrig verhaspelt er sich mehrmals, bevor er auf Betriebstemperatur kommt, und eine solide, mitunter kämpferische Bewerbungsrede hält. „Er werde kein Hinterbänkler sein“, verspricht der 65-jährige, der keine Lust mehr hat, der „einzige amtierende Landesvorsitzende ohne Mandat“ zu sein. Am Ende ist ihm der warme Applaus seines Lagers gewiss.

Dann betritt Müller-Sönksen die Bühne. Er redet nicht, er inszeniert sich: Etwa als „Familienmensch“, mit tränenfeuchtem Dank an Frau und Tochter, die beide vor Ort sind. Als Menschenrechtler, als Frauenversteher – „Frauen können es ohne Quoten schaffen – mit Hilfe von uns Männern“– und als Medienstar im Westentaschenformat. Der kräftige Beifall zeigt, dass „BMS“, wie er sich selbst nennt, auf der Siegerspur ist.

Ein dritter Kandidat, der Investmentbanker Frank Werner, versucht es mit einer schonungslosen Abrechnung. Die Partei stehe „am Abgrund der politischen Bedeutungslosigkeit“ und schuld daran seien vor allem seine Kontrahenten. Werner legt den Finger auf die Wunde, doch er hört sich auch so gerne reden, dass er die Delegierten mehr als eine halbe Stunde mit seinen selbstverliebten Ergüssen quält. Am Ende landet er weit abgeschlagen hinter Müller-Sönksen, der die Mehrheit hinter sich bringt und Fock, der nicht einmal jede dritte Stimme auf sich vereinen kann. MARCO CARINI