Weitverzweigte Wurzeln

Plattform für kulturellen Austausch: Zum neunten Mal bringt das Festival „eigenarten“ bis Ende nächster Woche interkulturelle KünstlerInnen aus Hamburg zusammen

Wo Unterschiede, Gemeinsamkeiten oder Probleme des Zusammenleben erklärt werden sollen, ist die Metapher von der „kulturellen Wurzel“ nicht weit. Vermeintlich eindeutig zu lokalisieren, scheint sie auch in unsicheren Zeiten Orientierung geben zu können. Angesichts weltweiter Wanderungsbewegungen in Zeiten der „Globalisierung“ wird das Bild indes zunehmend problematisch. Längst haben über 45 Prozent der unter 18-Jährigen in dieser Stadt einen Migrationshintergrund. Deren „Wurzeln“ verteilen sich – um im Bild zu bleiben – über den ganzen Globus und verwischen die Grenzen dessen, was ehedem als eindeutig limitierbarer „Kulturraum“ erschien.

Ergebnis dieses Prozesses ist eine Vielfalt kultureller Äußerungen, die nicht nur von der Kultur „dort“ und der Kultur „hier“ erzählen, sondern vor allem von deren Aufeinandertreffen und der Entstehung von Neuem, vom „Dazwischen“, von Grenzüberschreitungen und Uneindeutigem, vom Interkulturellen.

Seit acht Jahren versteht sich das Festival „eigenarten“ als kontinuierliche Plattform für einen lebendigen und anregenden Austausch zwischen all den in dieser Stadt auf so vielfältige Weise aufeinander treffenden Kulturen und bringt einmal im Jahr Hamburger KünstlerInnen, die interkulturell und mit einem erkennbaren Hamburg-Bezug arbeiten, zusammen. Als integrativer Bestandteil der Großstadtkultur will es Einblick geben in unterschiedliche Traditionen, Religionen und Philosophien und unter Beweis stellen, wie ein Miteinander trotzdem funktionieren kann und auf welche Weise Toleranz konstruktiv wirkt.

Noch bis zum 9. November präsentieren sich zahlreiche Hamburger KünstlerInnen aus aller Welt in mehr als 30 Produktionen. Das Spektrum umfasst Theater, Konzerte, Lesungen, Tanztheater, Filme und Installationen, darunter wieder viele Premieren. Beteiligt sind neben dem Hauptaustragungsort Goldbekhaus mittlerweile 18 andere Einrichtungen – vom Abaton-Kino über das Museum für Völkerkunde bis zur Werkstatt 3.

Feierlich eröffnet wird „eigenarten“ heute Abend in der Werkstatt 3 in Anwesenheit der KünstlerInnen und mit einem „Vorgeschmack auf eine Theaterpremiere“. Infos, Veranstaltungsorte und das ganze Programm gibt es unter www.eigenarten-festival.de.

ROBERT MATTHIES

Do, 30. 10. bis So, 9. 11., im Goldbekhaus, Moorfuhrtweg 9, www.goldbekhaus.de, und an verschiedenen anderen Orten