Den Genius von Frank Zappa in die Gegenwart bringen: Die „Grandmothers“ in der Fabrik
: Der hässlichste Teil deines Körpers

„Der Komponist von heute weigert sich zu sterben.“ Etwas paradox wirkt Frank Zappas Lieblings-Zitat, das er seinem Vorbild Edgard Varèse verdankt – gerade jetzt, nachdem sich im Dezember Zappas Todestag zum zehnten Mal jährte. Die Verweigerung gilt wohl eher – bei Varèse wie Zappa – dem Absinken in den Status toter Klassiker, deren Werk nur mehr im musealen Kulturbetrieb wahrgenommen wird.

Unbestritten gilt Frank Zappa heute als musikalisches Genie, seine Musik gehört zum verfügbaren Klangmaterial – egal ob im Jazz, Rock oder in der so genannten „ernsten Musik“. Paradox dabei: gerade weil Zappa seine Musik so individuell prägte, lebt sein Sound weiter. Zur Freude der Fans zum Beispiel in Bands wie den Grandmothers, die am Sonntagabend in der Fabrik zeitlose Hits wie „What‘s The Ugliest Part Of Your Body?“ präsentieren.

Dabei sind die Grandmothers nicht irgendeine Revival-Band. Das Quintett um Napoleon Murphy Brock und Don Preston setzt sich zusammen aus Musikern der legendären Mothers of Invention, der Band, mit der Frank Zappa berühmt wurde. Aus der Ur-Besetzung vom 1966er-Debüt Freak Out! sind zwar nur Preston und Bassist Roy Estrada mit dabei. Leadsänger Brock war erst 1974 von Zappa als Co-Frontmann eingestellt worden, erlebte noch das letzte der Mothers-Ensembles. Er blieb bis 1984 bei Zappa und übernahm als Sänger die Aufgabe, dem Publikum eine Identifikation mit den komplexen Jazz/Rock-Mini-Opern des Meisters zu ermöglichen.

Die aktuellen Grandmothers werden komplettiert vom Stuntgitarristen Ken Rosser und Jazzschlagzeuger Christopher Garcia, beide von der Worldfusion-Band Quarteto Nuevo. Schon im vergangenen Jahr waren diese Grandmothers in Deutschland zu erleben – zu Beginn des Zappa-Jahres 2003 nahmen sie im Leipziger Gewandhaus eine Live- Gala mit Songs von Zappa, Preston und Brock auf. Das Album A Grandmothers Night zeigt zwar, dass die Musiker ein paar Jahre reifer geworden sind, Frank Zappas Musik jedoch keine Patina angesetzt hat. Im Gegenteil: Indem auch die Mitglieder der Mothers/Grandmothers eigene Lyrics, Arrangements und Kompositionen beisteuern, entgehen sie der Falle, eine Coverband ihrer eigenen Vergangenheit zu werden.

Bleibt noch die Frage, inwieweit die Grandmothers dem einmaligen Genie Zappa gerecht werden, der ja auch als Sänger, Moderator und Gitarrist unverzichtbarer Teil seiner Shows war. Dass der Meister nicht mehr lebt, spielt in dieser Hinsicht allerdings keine Rolle. Schon 1970 hatten Mitglieder der Mothers ein Album als Grandmothers eingespielt, es aber nie veröffentlicht. Erst nachdem Zappa die Mothers of Invention aufgelöst hatte, fanden immer wieder Tourneen unter dem Namen Grandmothers statt.

Zappa selbst sah diese Aktivitäten nicht gerne. Er betrachtete die Zeit mit den Mothers of Invention als abgeschlossen, hatte seinen Stil längst weiter in Richtung Jazz verfeinert. Hängen die Grandmothers also der „guten alten Zeit“ nach? Wohl kaum: Sie setzen ein musikalisches Prinzip Zappa fort, dessen rockige Potenz auch 2004 noch nicht erschöpft ist. Als Komponist hat Frank Zappa sein Ziel erreicht.

Tobias Richtsteig

Sonntag, 21 Uhr, Fabrik