SPD-Linke gründen SPD-Linke

Die moderate Linke in der Sozialdemokratie möchte mehr Einfluss auf die Senatspolitik gewinnen und organisiert sich deshalb als „Berliner Linke“ neu

Kennen Sie die Szene im Film „Das Leben des Brian“, in dem die „Volksfront von Judäa“ über die „Judäische Volksfront“ herfällt, weil sie diese irrtümlich mit der „Populären Front“ verwechselt? Ganz so schlimm ist es in der Berliner SPD nicht. Dort kommt es eher selten zu körperlicher Gewalt. Dafür sind die Strukturen noch ein bisschen unübersichtlicher als in dem Film von Monty Python. Und sie werden weiter wirrer, denn zum Jahreswechsel hat sich die selbst ernannte „Linke in der Berliner SPD“ neu organisiert. Sie heißt jetzt „Berliner Linke“ (BL).

Hervorgegangen ist die BL aus der NVL, der Neuen Vereinigten Linken, die es nun nicht mehr gibt. Die BL darf man nicht verwechseln mit der PL, der Parlamentarischen Linken. In ihr sind die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses organisiert. Als Klaus Wowereit noch Parlamentarier war, engagierte er sich auch in der PL, die damals auch scherzhaft „Kuschellinke“ (KL) genannt wurde. Die Abgeordneten der PL-KL machen übrigens zum größten Teil auch in der BL mit; dort sind aber auch Nichtparlamentarier zugelassen.

Die NVL, die nun BL heißt, spaltete sich erst 2001 vom „Donnerstagskreis“ (DK) ab. Der DK ist die Mutter aller linken Gruppen in der SPD. Er entstand in den Fünfzigerjahren aus der legendären linken „Keulenriege“, die nie unter KR bekannt wurde, weil damals Abkürzungen noch nicht in Mode waren. Während die linke Keulenriege in der Mauerstadt gegen die damals im so genannten Pfeifenclub organisierten rechten Sozialdemokraten kaum einen Stich bekam, wendete sich später das Blatt. Erst der Anfang der 90er-Jahre gegründete, nach einem Stadtteil des Bezirks Neukölln benannte „Britzer Kreis“, verschaffte den Parteirechten erneut eine starke Bastion.

Die neue „Berliner Linke“ will sich nun eine verbesserte Organisation mit Koordinationskreis und Sprecherrat geben. Sprecher sind der stellvertretende Landesvorsitzende Andreas Matthae, der Kreisvorsitzende von Friedrichshain-Kreuzberg, Mark Rackles, die Oberfeministin Mechthild Rawert, Christina Lindenberg aus Treptow-Köpenick und der aus dem Bankgesellschaft-Ausschuss bekannte Abgeordnete Frank Zimmermann.

Parteichef Peter Strieder, der selbst einmal Mitglied der NVL war, begrüßte die Gründung der neuen Gruppe: „Zwar haben Parteiströmungen an Bindungskraft verloren, aber sie können immer noch wichtige intellektuelle Anstöße liefern, wenn sie sich nicht auf Personalvorschläge beschränken.“ Der Häuptling des Donnerstagskreises, der Abgeordnete Hans-Georg Lorenz, sieht die neue linke Vereinigung nicht als Konkurrenz: „Das sind reine Macht- und Kungelstrukturen. Die haben wir vom Donnerstagskreis vor Jahren bewusst abgeschafft. Heute sind wir die einzige Gruppe in der SPD, die wirklich Inhalte produziert.“ Der BL-Sprecher Andreas Matthae hält dagegen: „Anders als der Donnerstagskreis wollen wir keine Totalopposition zu Rot-Rot machen. Denn wir haben für diese Koalition gekämpft.“

ROBIN ALEXANDER