Bewegung hinter den Kulissen

Der Akademische Senat der TU tagt im Regen, um zu zeigen, was selbst verwaltet alles möglich ist – aber wenige Studenten sind dabei. Die streiken weiter und staunen über Wirtschaftsminister Clement

VON MAREN BEKKER

Der Wind treibt Wortfetzen wie „Innovation“, „Modernität“ und „Interdisziplinarität“ quer über den Potsdamer Platz. Vorbei an den etwa 40 Leuten, die an der Ecke Potsdamer Straße/Stresemannstraße im Windschatten von Regenschirmen und sich aufblähenden Transparenten versuchen, Kurt Kutzler, den Präsidenten der TU, zu verstehen. Der wiederum versucht, seinen schwarzen Hut festzuhalten, und spricht dabei von einem „abgemagerten Individuum“. Damit meint er seine eigene Uni.

Während die Proteste weitergehen, wurde gestern bei dieser „Öffentlichen Sitzung des Akademischen Senats“ dem Präsidenten ein „Leitbild der TU Berlin“ überreicht – und die Solidarität des Senats mit den Studierenden betont. Der Akademische Senat ist Teil des Konzeptes der Selbstverwaltung der Universitäten und entscheidet mit über Lehre und Organisation.

Es geht darum, wie die TU trotz finanzieller Schieflage im internationalen Vergleich mithalten kann, ja vielleicht sogar nach „weit oben an die Spitze“ gelangen kann, wie es sich Stefan Jähnichen, Vorsitzender der Leitlinien-Kommission, wünscht. „Das Konzept der öffentlichen Sitzung soll zeigen, dass sich hinter den Kulissen viel mehr bewegt, als man weiß“, erklärt das studentische Senatsmitglied Alexander Schwandt. Seine streikenden Kommilitonen aber zeigten zumindest gestern Mittag wenig Solidarität mit dem Akademischen Senat, was aber wohl auch daran lag, dass die TU zeitgleich eine Vollversammlung hatte. An der nahmen circa 600 Leute teil.

Aktiv war man gestern auch an der FU, allerdings mehr im Stile von Harvard-Bundesjugendspielen: Hemdenbügeln, Krawattenbinden und Klassische-Musik-Erraten hießen die Disziplinen, um eine „Elitebescheinigung“ zu erlangen. Morgens hatte sich das Otto-Suhr-Institut der FU bei einem Sektempfang mit Häppchen feierlich in „Olaf-Scholz-Institut für Regierungstechnik und Herrschaftssicherung“ umbenannt. Später fanden Diskussionsrunden, unter anderem mit Lisa Paus, wissenschaftspolitischer Sprecherin der Grünen, statt.

Unterdessen träumt Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) ganz ernst von der HU als Prestigeobjekt, um der „Welt zu zeigen, was eine deutsche Spitzenuniversität ist“. Er sprach sich für mehr Bundesgeld für die HU aus. Dafür gab es Protest von den Grünen: Lisa Paus warf Clement vor, „Eliteträumen nachzuhängen“. Er bekomme von den tausenden Studenten, die gegen Bildungsabbau protestieren, offenbar nichts mit.

Heute wollen die Berliner Universitäten noch einmal all ihr Streikpotenzial aufbieten und ab 12 Uhr die Lesung des Doppelhaushaltes mit einem Kundgebungsring rund um das Abgeordnetenhaus blockieren. Im Anschluss an ein Open-Air-Konzert am Anhalter Bahnhof (Beginn: 15 Uhr), unter anderem mit Mia, Jazzanova und Sofaplanet, gibt es um 17 Uhr eine Demonstration vom Potsdamer Platz zur Abschlusskundgebung am Anhalter Bahnhof. Auch der DGB ruft zur Teilnahme auf. „Dieser Haushalt ist unsozial und bildungsfeindlich“, so DGB-Landeschef Dieter Scholz. Die Streikbüros von FU, HU und TU blicken den Aktionen optimistisch entgegen, wagen aber keine Prognosen über Teilnehmerzahlen. Enrico Schönberg, ein Streikkoordinater der TU, verkündet nur: „Wir rechnen mit einem Erfolg.“