Erfüllungsgehilfin von Kanzler Schüssel

Benita Ferrero-Waldner will bei den Wahlen im April die erste österreichische Bundespräsidentin werden

Die Zeit ist reif für eine Frau an der Spitze des Staates. Mit diesem Argument stürzt sich Benita Ferrero-Waldner in den Wahlkampf. Sie habe sich entschlossen, als erste österreichische Bundespräsidentin zur Verfügung zu stehen. Gewählt wird am 25. April in allgemeiner Wahl.

Mit ihrer Aussage vor knapp einer Woche machte die Außenministerin den Spekulationen um ihre Kandidatur ein Ende. Ihr Mentor, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, hatte über dieses vorzeitige Outing wenig Freude, wollte er doch bis zur offiziellen Vorstellung heute geheimniskrämern. Der Grund: Die Karrierediplomatin ist in ihrer eigenen Partei, der ÖVP, umstritten. Sie gilt als bedingungslose Erfüllungsgehilfin des Kanzlers und politisches Leichtgewicht.

Die Außenministerin, 55, ist in der EU pb ihrer gebleckten Zähne gefürchtet. Mit Kampflächeln wehrte sie sich gegen einen kühlen Empfang während der so genannten Sanktionen der restlichen 14 EU-Staaten nach der Vereidigung der ersten FPÖ-ÖVP-Regierung vor vier Jahren. Die Aufhebung der Maßnahmen nach acht Monaten verkaufte sie als Erfolg ihrer Charmeoffensiven.

Öffentliche Debatten mit dem Konkurrenten von der SPÖ, dem gewieften Parlamentspräsidenten Heinz Fischer, wollen die Wahlkampfmanager vermeiden. Denn die Ministerin gilt als wenig trittsicher abseits der protokollarischen Erklärungen. Ihre ursprünglich hohen Popularitätswerte erfuhren einen ersten Einbruch, als Mitglieder einer Künstlergruppe, die im Sommer 2001 nach den Zusammenstößen in Genua von der italienischen Polizei unter Terrorismusverdacht festgenommen wurden. Ferrero-Waldner bezeichnete die unbescholtenen Artisten der Volxtheater-Truppe als „einschlägig vorgemerkt“ und ließ sie wochenlang schmoren.

Schwankend ist auch ihre Position gegenüber Österreichs militärischer Rolle. Als sie befürchten musste, dass die SPÖ die Fragen von Beistandspflicht oder Neutralität zum Wahlkampfthema machen könnte, wandelte sich die einstige Vorkämpferin für einen Nato-Beitritt zur Wahrerin des neutralen Status quo.

Als ehemalige Staatssekretärin für Entwicklungszusammenarbeit hat Ferrero-Waldner immer ein offenes Ohr für die Anliegen des Südens. Allerdings muss sie sich vorwerfen lassen, die Kürzungen des Budgets für Entwicklung ohne Widerstand hingenommen zu haben. Ihr Plus sind Erfahrung auf dem internationalen Parkett und ihre Fremdsprachenkenntnisse.

Kurz vor Beginn des Wahlkampfs machte die Katholikin mit einer eher skurrilen Affäre Schlagzeilen. Sie schleppte zu Weihnachten ihren Ehemann, den spanischen Literaturprofessor Francisco Ferrero Campos, mit dem sie seit zehn Jahren standesamtlich verheiratet ist, vor den Traualtar. Ihre kirchlich geschlossene erste Ehe war vom Vatikan in rekordverdächtiger Zeit annulliert worden. Anders als der geschiedene Bundespräsident Thomas Klestil wäre sie damit einer Privataudienz beim Papst würdig. RALF LEONHARD