Uneiniger Kampf gegen die Armut

Auf ihrer Konferenz im mexikanischen Monterrey bekennen sich die amerikanischen Staaten zum Ziel, Hunger und Armut zu mindern. Über den richtigen Weg sind sie jedoch gespalten. Verhandlungen über Freihandelszone sollen 2005 beendet sein

AUS MONTERREYWOLF DIETER VOGEL

Vicente Fox standen die Schweißperlen im Gesicht. Man habe eine „solide und historisch gewachsene Beziehung zu Kuba“, und daran werde sein Land auch festhalten, erklärte Mexikos Präsident am Dienstag zum Abschluss des außerordentlichen Gipfels der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Damit sprach Fox zwar seinen Kollegen aus Argentinien, Brasilien und Venezuela aus der Seele, doch beim nördlichen Nachbarn kamen solche Sätze schlecht an. Schließlich hatte US-Präsident George W. Bush zu Beginn des OAS-Treffens klargestellt, dass die kubanische „Diktatur“ in „Amerika keinen Platz“ habe.

Fox zählt zu den US-freundlichsten der 34 Staatschefs, die sich zwei Tage lang im mexikanischen Monterrey trafen. Besonders die Präsidenten Brasiliens und Venezuelas, Lula da Silva und Hugo Chávez, gaben der US-Regierung Kontra. Und das mit gewissen Erfolg: In der in Monterrey verabschiedeten Erklärung von Nuevo León wurde nicht festgelegt, dass die Gesamtamerikanische Freihandelszone (FTAA) Ende dieses Jahres in Kraft treten soll – was Bush gefordert hatte. Die Verhandlungen sollen nun bis 2005 abgeschlossen sein. Auch eine Klausel, nach der korrupte Regierungen aus der OAS ausgeschlossen werden sollen, konnten die US-Vertreter nicht durchsetzen. Lediglich die Auslieferung korrupter Politiker wird einfacher.

Doch auch Chávez und Lula mussten an einigen Punkten klein beigeben. Die Senkung der hohen Unkosten für Remesas – Gelder, die lateinamerikanische Migranten aus den USA in ihre alte Heimat schicken – wird nicht so stattfinden, wie Brasilien gefordert hatte. Und „mit Vorbehalt“ unterschrieb der venezolanische Staatschef, dass die FTAA ein „Instrument zur Integration und Entwicklung“ sei. Zudem scheiterte eine Forderung Venezuelas am Widerstand der USA und Kanadas: Chávez wollte einen humanitären Fonds schaffen, um arme Staaten zu unterstützen. Dieser sollte aus den lateinamerikanischen Auslandsschulden finanziert werden.

Man wolle künftig gemeinsam Armut, Hunger und Ungleichheit mindern, heißt es nun in der Erklärung von Nuevo León. Die beteiligten Staaten sind jedoch tief gespalten. Argentinien, Brasilien und Venezuela stellen sich gegen die US-Freihandelspolitik und verteidigen ihren freundschaftlichen Kurs gegenüber Kuba, dessen Staatschef Fidel Castro nicht in Monterrey geladen war. Kanada, die USA und auch Mexiko dagegen verteidigen eine wirtschaftsliberale Öffnung. „Wir befürworten den freien Handel, der Mexiko zur siebtgrößten Wirtschaftsmacht der Welt gemacht hat“, sagte Fox mit Blick auf die Einbindung Mexikos in das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta).

Für eine weitere Zuspitzung hatten vorab die US-Antiterrormaßnahmen gesorgt. Als Antwort auf die von US-Behörden geforderten Kontrollen bei der Einreise in die USA hatte Brasilien begonnen, Fingerabdrücke und Fotos nordamerikanischer Besucher zu erfassen. In Mexiko hatte die Präsenz von US-amerikanischer Beamten, die Reisende Richtung USA auf mexikanischen Flughäfen kontrollierten, Empörung in allen politischen Lagern hervorgerufen.

In einem Aufruf, der von etwa hundert linken Akademikern, Publizisten und Organisationen unterschrieben wurde, erklärte man deshalb den US-Präsidenten Bush zur in Mexiko unerwünschten Person. Bewacht von einem Großaufgebot der Polizei demonstrierten während des OAS-Treffens 1.000 Menschen gegen die Politik der US-Regierung. Der nächste OAS-Gipfel findet 2005 in Argentinien statt.