Offensive gegen die Billigheimerei

Morgen beginnt die 69. Internationale Grüne Woche auf dem Messegelände rund um den Berliner Funkturm. Öko-Bauernund Ernährungsindustrie stellen sich den Herausforderungen zwischen EU-Erweiterung und der „Geiz ist geil“-Hysterie

AUS BERLIN MICHAEL SITTIG

107 Tage noch. Dann werden zehn neue Staaten in die Europäische Union aufgenommen. Unter dem Eindruck der EU-Osterweiterung findet auch die diesjährige Internationale Grüne Woche statt. Die Messe öffnet morgen in Berlin ihre Pforten.

Die Grüne Woche gilt als weltweit größte und wichtigste Messe für die internationale Land- und Ernährungswirtschaft. Rund 1.600 Aussteller aus den Bereichen Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau präsentieren sich dem Fachpublikum und Verbrauchern bis zum 25. Januar. Zwei Drittel der Ausstellungsfläche stehen der Ernährungsindustrie zur Verfügung. Unter den Ausstellern aus 56 Ländern befinden sich alle EU-Beitrittskandidaten sowie zwei Länder, die zum ersten Mal dabei sind: Kasachstan und Guinea-Bissau. Russland ist der größte Aussteller. Die Messeveranstalter erwarten rund 500.000 Besucher.

Die politischen Schwerpunktthemen der Grünen Woche sind neben der EU-Erweiterung wie auch im vergangenen Jahr die ökologische Lebensmittelwirtschaft und gesunde Ernährung. Zur Osterweiterung der EU findet am kommenden Samstag ein Ost-West-Agrarforum statt. Rund tausend Teilnehmer werden zur Diskussion über den Weltagrarhandel erwartet. Auch Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) und EU-Agrarkommissar Franz Fischler werden teilnehmen. Das Bundesverbraucherministerium widmet dem Thema „Gesunde Ernährung – Kluger Konsum“ eine Sonderschau.

Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), stellte auf der Pressekonferenz zur Eröffnung der Grünen Woche klar, wo er die Ursachen für die schlechte wirtschaftliche Lage der Bauern sieht: Feindbild ist der „geizige“ Verbraucher und der Billigsupermarkt. Dem gesellschaftlich akzeptierten „Geiz ist Geil“ müsse eine „Lebensmittel sind mehr wert“-Kampagne entgegengesetzt werden, so Sonnleitner. Während ein privater Haushalt Ende der 70er-Jahre noch rund 20 Prozent seiner Konsumausgaben für Lebensmittel ausgegeben habe, seien es heute nur noch knapp 12 Prozent. „Wer billiger isst, isst auch ungesünder“, so Sonnleitner. In diesem Sinne äußerte sich auch Peter Traumann, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). „Das gemeinsame Ziel von Industrie und Handel muss die Abkehr von der Billigheimerei hin zur Qualitäts- und Serviceoffensive sein“, sagte Traumann. DBV und BVE sind die ideellen Träger der Grünen Woche.

In die Grüne Woche ist auch die Extra-Ausstellung zum Thema Energie „Clean Energy Power“ integriert. Sie findet vom 22. bis zum 24. Januar ebenfalls in den Messehallen statt. Auf den Infoveranstaltungen soll es unter anderem um Energie sparendes Bauen gehen.

Neben den politischen Debatten gibt es auf der Grünen Woche auch Kulinarisches und Tierisches. Wer frische Landluft liebt, sollte die Tierhalle 25 besuchen. Dort werden werden 31 Rinderrassen gezeigt.