Schlechte Unterhaltung hilft

Karnevalsweh und ein falscher Gerhard Schröder unterstützen den HSV beim 1:0 über Hertha BSC. Ein Erfolg, der die Hamburger auf einen UEFA-Cup-Platz vorrücken lässt

Die Berliner Brasilianer wären sicher lieber in Rio gewesen, als eine 1:0-Niederlage im Volkspark zu erleben. Eine Feststellung, für die man weder das Spiel zu beobachten noch in die Tiefen der Psychologie einzusteigen brauchte. Immerhin tobt in ihrer Heimat gerade das pralle Karnevalsleben, während sie sich in Hamburg mit billigem Entertainment auseinandersetzen mussten, welches nicht wirklich zu fröhlichen Tänzen animierte.

HSV-Trainer Kurt Jara klatschte immerhin. Die Aktion, die er honorierte, hatte sicher weniger mit dem unterirdischen Unterhaltungsprogramm des Kanzlerimitators Elmar Brandt („Alles wird gut“) zu tun, als vielmehr mit Sergej Barbarez und Mehdi Mahdavikia. Die Mittelfeldstrategen liefen, störten, erzwangen häufig Fehler auf Seiten der Berliner – und zauberten. Angesichts der vorausgegangenen zwölf Minuten auf dem Feld war die Geste von Kurt Jara als Freude über das Spiel zu verstehen. Sein Team erspielte sich in den ersten fünf Minuten bereits zwei erstklassige Chancen vor dem Tor der Hertha. Milan Fukals Kopfstoß wurde auf der Linie gerettet (3.) und Mehdi Mahdavikia wollte den Einschuss lieber dem für Takahara ins Spiel gebrachten Bernardo Romeo überlassen, der aber vor dem Ball die Grundlinie überquerte (4.).

Die Gäste verstanden es ihrerseits, sich in diesem direkten Duell um einen Platz im europäischen Pokalwettbewerb aussichtsreich vor dem Tor von HSV-Keeper Martin Pieckenhagen zu positionieren. Bart Goor traf nach Vorlage von Stefan Beinlich allerdings nur Pieckenhagen (5.), und auch Weltmeister Luizao war nicht spitzfindig genug, um den HSV-Keeper zu umwinden (21.). Damit war das Treiben auf dem Feld trotz der torlosen ersten Hälfte anregender als der musikalische Beitrag in der Pause.

Scheinbar inspiriert von diesem kulturellen Beitrag passte sich der karnevalswehe brasilianische Nationalspieler Luizao nun der Leistung Elmar Brandts an. In der 55. Minute ließ er den Hamburger Innenverteidiger Nico Jan Hoogma im Berliner Strafraum ziehen, der nach einem Freistoß von Rodolfo Cardoso zum 1:0 für den HSV einköpfte.

Die Berliner waren von dem falschen Kanzler dermaßen geschockt, dass dem HSV bis zum Ende noch weitere Möglichkeiten zum Ausbau der Führung blieben. Oke Göttlich