Nach 25 Kilometern kommt die Blaumeise

René Sommerfeldt wird bei der nordischen Ski-WM nur 23. im Marathon und bleibt ohne Einzelmedaille

VAL DI FIEMME taz ■ Hätte es bei einer nordischen Ski-WM vor, sagen wir, sechs Jahren ein solches Ergebnis im Langlauf über 50 km gegeben, so wäre dies nur eines unter vielen gewesen. Wieder hätte sich die deutsche Mannschaft weit abseits der Spitze präsentiert, die Enttäuschung hätte sich dennoch in Grenzen gehalten, man wäre schließlich an Resultate jenseits der besten 20 gewöhnt gewesen. Doch jetzt, im Jahr 2003, nachdem die letzten erschöpften Läufer nach 50 km Anstrengung bei frühlingshaft-mildem Wetter die Ziellinie erreicht hatten, ließ sich in den Reihen des Deutschen Skiverbandes (DSV) eine gewissen Zurückhaltung angesichts der Ergebnisse nicht verleugnen. Die Ansprüche sind gewachsen; spätestens seit diesen Titelkämpfen in Val di Fiemme, als deutsche Langläufer zwei Gold- und drei Silbermedaillen gewannen, kann sich das deutsche Team mühelos mit den in vielen Jahren überlegenen Skandinaviern und Russen messen. Dass es auf der Marathon-Strecke nur zu Rang 23 für René Sommerfeldt sowie Platz 36 für Tobias Angerer reichte, wäre vor einigen Jahren mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen worden. Nun aber waren die Athleten sauer. Und Bundestrainer Jochen Behle musste Erklärungen suchen: „Sie haben es probiert, aber es ging eben nicht. Solche Tage gibt es“, sagte der Vater des deutschen Langlaufwunders.

Sommerfeldt, in dieser Saison bereits für einige Zeit Weltcupführender, wollte unbedingt eine Einzelmedaille und nicht nur Edelmetall mit der Staffel, daraus hat er nie einen Hehl gemacht. Vor zwei Jahren, als die Langläufer sich bei der WM durch tiefe finnische Wälder um die Stadt Lahti quälten, holte er im 50-km-Rennen Silber. Das war eine Überraschung – und der Anfang der deutschen Erfolgsgeschichte in der Loipe. Damals hatte er Johann Mühlegg, den späteren Weltmeister, als „Lokomotive“. Aber allzu viel will Sommerfeldt von diesem Rennen nicht mehr erzählen, besser gesagt: Der Name Mühlegg fällt nicht mehr so oft. Denn jeder weiß: Der bei WM und Olympia für Spanien siegende Bayer war gedopt. Dass nicht nur er, sondern auch andere namhafte Athleten des Betrugs überführt wurden, brachte den gesamten Langlaufsport ins Zwielicht. Bei den Titelkämpfen von Val di Fiemme blieben solch Skandale aus. Nur zu Beginn gab es Schutzsperren für die Finnin Kaisa Varis sowie die Weißrussin Swetlana Nagejkina, beide wiesen erhöhte Blutwerte auf. „Unser Sport ist sauberer geworden. Der internationale Skiverband kontrolliert sehr streng, und das soll auch so sein“, kommentiert das Behle.

Zurück zum Samstag, der mit dem Tschechen Martin Koukal einen überraschenden Weltmeister fand. Sommerfeldt war tieftraurig, denn die ersten Zwischenzeiten hatten ihn noch als Besten ausgewiesen. Doch zur Hälfte der Strecke kam der große Einbruch, „Blaumeise“ nennen Trainer und Athleten diesen Moment. Er habe sich so viel mehr vorgenommen, bilanzierte Sommfeldt, der ein ehrgeiziger Sportler mit klaren Zielen ist. Aber auch einer, so glaubt sein Trainer, der nicht an unerfüllten Erwartungen zerbricht. „Es kommen noch Rennen im Weltcup. Mal sehen, was möglich ist“, hat Sommerfeldt nur kurze Zeit nach den verkorksten 50 Kilometern gesagt. Er klang da schon wieder ganz hoffnungsfroh.

KATHRIN ZEILMANN