Polens Regierung ohne Bauern

Premier Miller entlässt Bauernpartei-Minister. Koalitionsbruch wegen Mautgesetz

WARSCHAU taz ■ In Polen hat Premier Leszek Miller vom Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) die Regierungskoalition mit der Bauernpartei (PSL) am Samstag aufgelöst. Er bat Präsident Aleksander Kwaśniewski, die Entlassungsurkunden für die PSL-Minister vorzubereiten.

Unmittelbarer Anlass für den Bruch der Koalition war die Weigerung der PSL-Abgeordneten, ein in der Bevölkerung umstrittenes Mautgesetz zu verabschieden. In der Straßennutzungsgebühr für alle Autofahrer sah die Bauernpartei eine versteckte Steuererhöhung. SLD und Union der Arbeit (UP), der dritte Koalitionspartner, wollten mit diesen Gebühren den von der EU geförderten Ausbau von Polens Autobahnnetz finanzieren. Die PSL hätte für die Straßengebühren gestimmt, wenn Kwaśniewski dafür das ebenfalls umstrittene Gesetz über das „Biobenzin“ gebilligt hätte. Experten warnten, dass der hohe Zusatz von pflanzlichen Stoffen im Benzin zwar die Kassen der Bauern füllen würde, die Motoren aber über kurz oder lang ruinieren würde. Kwaśniewski legte sein Veto gegen das Gesetz ein und regte an, den Verbrauchern die Wahl zwischen normalem und Biobenzin zu lassen.

Die Forderungen der PSL hatten in letzter Zeit, insbesondere im Hinblick auf den geplanten EU-Beitritt, so überhand genommen, dass Miller am Samstag erklärte: „Ich bin und werde niemandes Geisel sein.“ Damit meinte er nicht nur die PSL, sondern auch bereits den potenziellen neuen Koalitionspartner: die populistische Samoobrona (Selbstverteidigung) unter dem Bauernrebell Andrzej Lepper.

Miller wird zunächst mit einer Minderheitsregierung aus SLD und UP weiterregieren. Zur absoluten Mehrheit fehlen dieser Koalition 19 Stimmen im Parlament. GABRIELE LESSER