Drogenkonsum entkriminalisieren

Betr.: „Geben und nehmen“, taz hamburg v. 13. 1.

Die beabsichtigten Maßnahmen zeigen: Der mit Substitutionstherapie, Einrichtung von Drogenkonsumräumen, Abgabe steriler Einwegspritzen und Heroinprojekt längst schleichend eingeleitete Paradigmenwechsel muss beschleunigt werden. Nur durch einen Konversionsprozess, der die nicht mehr für die Verfolgung der Drogenkriminalität benötigten finanziellen Kapazitäten in Drogenprävention und Drogenhilfe umleitet, können die erforderlichen Ressourcen bereitgestellt werden. (...)

Auch – oder vielleicht gerade – als aktiver Kriminalbeamter und früherer Leiter des Drogendezernats kann ich nicht umhin, Folgendes festzustellen: Selbstgefährdung und unvernünftigem Verhalten mit den Mitteln des Strafrechts zu begegnen ist nicht nur nutzlos, sondern – wie wir eigentlich schon seit der amerikanischen Alkoholprohibition wissen – kontraproduktiv. Gesellschaftliche Unwerturteile können auch anders als durch Pönalisierung eines Verhaltens zum Ausdruck gebracht werden. Das Ziel, Drogenmissbrauch einzudämmen und Abhängige aus der Sucht herauszuholen, kann mittels Beratung, medizinischer und psychosozialer Betreuung sowie Bekämpfung sozialer und gesellschaftlicher Ursachen ohne den Strafrechtsknüppel besser erreicht werden.

Die Entkriminalisierung jedweden Drogenkonsums wäre deshalb nur konsequent. Dies erforderte aber auch, den Handel aus der Illegalität heraus zu holen und in Bahnen zu lenken, die einem ordnenden Zugriff des Staates zugänglich sind. Verstöße gegen Handels- und Abgabevorschriften wären – ebenso so wie Raub, Diebstahl und Betrug zur Beschaffung von Drogen oder entsprechenden Geldmitteln – auch strafrechtlich zu verfolgen.

Holger Gundlach