Hamburg bleibt leise

Im Kampf um große Medienkonzerne und Events hat Hamburg seine weichen Standortfaktoren vergessen. Das unabhängige Musikexportbüro und wohl auch der Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen verlässt die Hansestadt nach Berlin

von Oke Göttlich

„Hamburg muss laut bleiben!“ heißt eine Messe für mittelständische Musikbetriebe. Gehört hat sie kaum jemand – zumindest auf politischer Ebene. Nach und nach gehen der Hansestadt weitere Medienbetriebe verloren. Das mag zum einen daran liegen, dass die flüchtenden Firmen nicht der Größenordnung entsprechen, mit der sich Politiker im Allgemeinen gerne schmücken, zum anderen muss sich die Entscheidungsebene eine verfehlte Standortpolitik vorwerfen lassen.

Als Standortpolitiker, als der sich Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gerne präsentiert, sollte man wissen, dass Konzerne wie zum Beispiel Warner Music die Stadt sogar eine Menge Geld kosten. Den medienkulturellen Mittelstand zu fördern war jedoch nie Sache des einen oder des anderen Senats. „Auf Mittelstandsförderung wird in Hamburg überhaupt keinen Wert gelegt“, zieht Peter James Bilanz.

Seit 30 Jahren wohnt und arbeitet der Vorsitzende des deutschlandweit agierenden VUT e.V. (Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen) in Hamburg. Nun zieht es ihn im Zuge des Starts des Musikexportbüros nach Berlin, obwohl Hamburg auch hierfür als Standort favorisiert worden war. Erst im letzten Moment unterbreitete die Stadt ein Angebot, während sich Berlin monatlich nach dem Stand der Dinge erkundigte.

„Der Berliner Musikstandort hat eine größere Strahlkraft als Hamburg“, sagt James und schwärmt über die Bemühungen der Hauptstädter, das Exportbüro an die Spree zu holen. „Dort sind die Mitarbeiter der Behörden bei Konzerten und Veranstaltungen vor Ort. Die kennen jede Firma – auch die kleineren.“ Das Exportbüro wird unabhängige deutsche Musikschaffende im Ausland auf Messen präsentieren und bei der Lobbyarbeit unterstützen.

Ein zwar nur „weicher“ Standortfaktor, aber einer mit einem Image, das in die Welt getragen wird. Darüber hinaus wird Hamburg wohl auch den Sitz des VUT verlieren. „Es besteht sogar die Notwendigkeit, den Sitz des VUT zu verlegen. Zwei Standbeine können wir uns gar nicht leisten“, so James. Als Lobbyarbeiter will er gar nicht die Arbeitsebenen in der Wirtschafts- und Kulturbehörde kritisieren – „die agieren nur nach den Vorgaben, die sie bekommen“ –, der Spitze der politischen Führung rät er dennoch, sich „mehr mit dem tatsächlichen Bedarf“ zu befassen oder „richtig Geld für Glitzerevents auszugeben“.

Stattdessen wirbt Hamburg unerlässlich mit dem Image seiner Stadt. Ob Hamburg aber einzig die Musicals und der marode Kiez reichen, um Musikfirmen anzuziehen bezweifeln viele Branchenkenner. Das neben dem Schlachthof geplante Gebäude für junge und kreative Musikfirmen scheint ebenfalls eine Notgeburt zu sein.

Jammern will James trotzdem nicht: „Es sind vor allem die besseren Chancen in Berlin zum Ziel zu kommen.“ Das Ziel, ein ernst zu nehmender Medienstandort zu sein, hat Hamburg im Verhältnis zum musikalischen Mittelstand in jedem Fall verfehlt. Hamburg wird leise werden.