berliner szenen Hinterhofimpressionen

Tante Jus neue Pumpe

Die alte Junkers aus dem Hinterhaus hatte schon lange Probleme gehabt, der Kreislauf, die Pumpe, das war allen klar. „In dem Alter kein Wunder“, meinte auch Herr Krähenburg aus dem Vorderhaus, „wenn die Pumpe nicht mehr läuft, ist eben irgendwann mal Ende! Aber da muss man mit leben, hörst du!?“ Fehlte bloß noch, dass er gesagt hätte: „Mitten im Leben sind wir mit dem Tod umfangen“ oder so ein Schwulst. Statt dessen grinste er nur und klopfte dreimal auf den Türrahmen: „Meine Alte ist ja auch schon seit Jahren am Siechen, aber: toi, toi, toi … !!!“

Schlechte Vorzeichen hatte es genug gegeben. Im November musste schon mal der Notdienst kommen, die hatten die alte Junkers gerade noch mal ins Leben zurückgeholt. Doch das letzte Wochende hat Tante Ju nicht mehr überlebt. Sonntagabend hörte man noch ein lautes Röcheln, ein letztes Aufflackern. Montagfrüh war sie schon erkaltet. Überhaupt war die ganze Wohnung kalt. Den ganzen Tag warteten wir auf den Notdienst.

Drei Mann stark standen sie schließlich am späten Nachmittag mitsamt ihren Koffern und Taschen in der Küche. Die alte Junkers hing schwer zugänglich oben in der Ecke zwischen Schrank und Spüle. Der Meister ging gleich zur Sache. Er nahm die ganze Verkleidung ab, horchte noch mal kurz und setzte das Werkzeug an. In null Komma nichts lag das Herz der alten Junkers vor uns auf dem Küchentisch. Ich fasste es an: hart und kalt. Ein bisschen rostbraune Flüssigkeit trat seitlich aus. „Eindeutig die Pumpe!“, urteilte der Meister. Schnell noch auf einem Vordruck unterschrieben. Der Lehrling packte bereits eine neue Pumpe aus, und ein paar Minuten später lief die Sache wieder: Uns wurde endlich warm.

ANSGAR WARNER