helvetismen-infektion
: Schweizer Sprachlehre

Das hat Bremen nun von seiner Knausrigkeit: Da holt man sich Menschen aus dem Ausland in Führungspositionen, ist aber zu kniepig, auch einen Dolmetscher einzustellen. Die Folge: Kaum tritt Kulturhauptstadtbewerbungsintendant Martin Heller mit einem Wortbeitrag an die Öffentlichkeit, verwirrt sich auch wieder das hanseatische Idiom. Die ersten Reaktionen auf die Rede des Schweizers beim Senats-Neujahrsempfang lassen zumindest befürchten, dass sich die Geschichte des so genannten „Baustellenpapiers“ wiederholt. Erinnern wir uns: Darin hatten Heller und sein Team versucht, Grundzüge des Stadtstaats in nicht allzu bösen Worten zu erfassen. Und Strategien skizziert, wie sich das „Dorf der 68er“ einen urbanen Anstrich geben könne – sprich: hilflos in die Runde gefragt, was um Himmelswillen hier einen Strukturwandel von der gallischen wenigstens in eine potemkinsche Trutzburg bewirken könnte.

Die Skepsis verhallte unbemerkt: Die meisten wähnten sich stattdessen schon in der Rolle wenn nicht des Heldens dieses lustigen Abenteuers so doch in der seines treuen Begleiters. Fataler noch: das im selben Hand-Out geprägte Schlagwort von den „Besessenen“: In dem fand sich fortan jeder Bremer, dessen Wochenarbeitszeit die tariflich bestimmte gelegentlich überschritt, trefflich beschrieben. Und jeder Ausstellungseröffner– sei’s eine Airbrush-Painting-, Rassekatzen- oder Briefmarkenschau, gleichviel, – endete seine Ansprache mit dem Hinweis auf den obsessiven Charakter seines Tuns: „Ja, ja, auch wir sind eben Besessene.“

Ob es an der Urbremer Sehnsucht nach satten Bergwiesen und sonnigen Gipfeln liegt? Kaum ist jedenfalls die Besessenenbesessenheit einigermaßen abgeflaut, bricht offenbar die nächste Helvetismus-Epidemie aus. Ihr erstes Opfer: Der Bürgerschaftspräsident Christian Weber. Der bezeichnete gestern ein von der Bremer Heimstiftung ausgeschriebenes Stipendium für eine Künstlerin oder einen Künstler aus einer Partnerstadt als „Leuchtkugel“. Das Wort stammt aus Hellers Neujahrsrede: Leuchtkugeln hatte der metaphernfreudige Alpenländler darin für die Kulturhauptstadtbewerbung gefordert. Fraglich allerdings, ob Weber den Ausdruck im Sinne seines Erfinders gebraucht hat. Der Auskunft des Vereins für Schweizerdeutsch zufolge jedenfalls wäre ein Künstlerstipendium der Bremer Heimstiftung besser mit dem Ausdruck des „Zunzäli“ charakterisiert. Das bedeutet auf Hochdeutsch so viel wie „Lämpchen“. bes