■ Umwelt- und Klimapolitik stellt eine gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe dar
: Rückkehr zum Verursacherprinzip

betr.: „Der faule Verbraucher“ (Die Energiekonzerne können noch immer wie Monopolisten agieren – weil kaum jemand von der Möglichkeit Gebrauch macht, seinen Stromanbieter zu wechseln) von Bernward Janzing, taz vom 8. 1. 04

Es ist blauäugig, anzunehmen, dass der „kleine“ Stromverbraucher ja nur den Anbieter zu wechseln brauche, um Stromkosten zu sparen. In der Anfangszeit nach der Öffnung des Strommarktes sind verschiedene Anbieter ins Leben gerufen worden, die teils längst nicht mehr existieren (Zeus AG beispielsweise); übrig gebliebene liegen mit ihren Strompreisen in etwa im Bereich der „klassischen“ Anbieter. Stadtwerke München, E.ON (früher Bayernwerke AG beziehungsweise Isar-Amper-Werke in bestimmten Regionen Bayerns) bieten identische Preise. Und die Tatsache, dass mein Strom noch nicht gelb ist, hat einen guten Grund: Zwar ist die Kilowattstunde dort recht günstig – gerade für Kleinstverbraucher –, dafür fallen pro Monat 19 Euro Grundpreis an. Ein Übriges, dass Strompreise kaum unterschiedlich sind, tun die so genannten Durchleitungskosten, die ein Stromanbieter selbstverständlich an den Kunden über den Strompreis weitergibt.

An der Strompreis-Misere für den Verbraucher – Bernward Janzing spricht ja immerhin von 96 Prozent der Bürger – könnte nur die Rückkehr zu einem sehr gerechten System etwas ändern: zum Verursacherprinzip. Wer viel verbraucht, muss viel bezahlen, wer beim Verbrauch spart, profitiert von niedrigen Preisen. Heute ist es genau umgekehrt: Wer den höchsten Stromverbrauch nachweisen kann, bezieht die Energie zum Niedrigpreis, wer spart, zahlt drauf. Aber er zahlt eben bei allen Anbietern drauf. Warum also soll ich meinen Stromanbieter wechseln? Warum mir die Mühe machen, alle Stromanbieter zu vergleichen, die bundesweit liefern können, da das Ergebnis am Ende ohnehin bereits bekannt ist und ich zudem Gefahr laufe, spätestens drei Monate nach dem Wechsel erhöht auch mein neuer Stromlieferant die Preise?

Ich beklage mich auch über die Strompreise, über die jährliche Erhöhung durch die Ökosteuer und die auf diese Steuer noch erhobene Mehrwertsteuer – das wäre übrigens einmal ein Thema: Wie kann es sein, dass ein Staat eine Steuer auf eine Steuer verlangt? Ich weiß aber nach intensiven Recherchen auch, dass ich nicht zu wechseln brauche; ich als privater Kleinverbraucher käme nur vom Regen in die Traufe. Heute gehen Stromversorger, aber auch Gesetzemacher, von einem durchschnittlichen Stromverbrauch bei Ein-Personen-Haushalten von rund 1.500 Kilowatt jährlich aus. Mit meinen 840 Kilowatt gelte ich als Exot ohne jede Chance auf eine bewundernde Anerkennung, geschweige denn einen günstigen Strompreis. Also bitte: Nicht dem Verbraucher die Schuld geben am mangelnden Wettbewerb im Strommarkt. Solange die politischen Vorgaben nicht stimmen, wird sich nichts ändern. SIBYLLE BICHLER, Moosburg

Mit einem Wechsel zu drei freien Anbietern habe ich böse Überraschungen erlebt. Drei Lieferverträge bei freien Anbietern sind zunichte gegangen durch Insolvenzen. Zwischendurch bekam ich unrechte Rechnungen vom Monopolisten. Erst als ich mich der suspekten Rechnungen nicht mehr selbst gegenüber dem Monopolisten erwehren konnte und einen Rechtsanwalt einschaltete, nahm man die Forderungen zurück. Um nicht noch weitere Querelen bei der Stromlieferung hinnehmen zu müssen, habe ich bisher alle Werbungen der freien Stromlieferanten ausgeschlagen und beziehe den Strom wieder vom Monopolisten. GOTTFRIED BOER, Olfen

Schlichtweg unterschlagen wird dem Leser die Tatsache, dass eine verantwortungsvolle Umwelt- und Klimapolitik eine gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe darstellt, die nicht in der Verantwortung einzelner Verbraucher, sondern in einer konsequenten Energiepolitik verankert sein muss. Die augenblickliche Situation stellt sich doch eher so dar:

Weiterhin werden Atom- und Kohlekraftwerke durch die Ausblendung externer Kosten dauersubventioniert. Aus dem leeren Staatssäckel werden Milliardenbeträge in die Förderung fossiler Energien gesteckt. Der noch vor nicht allzu langer Zeit (auch in der taz) vielfach beklagte Atomausstiegs-Kompromiss der Bundesregierung wird selbst unter dem aktuellen Blickwinkel drohender Terrorangriffe auf Atommeiler weiterhin nicht beschleunigt. Regenerative Energien bleiben in der politischen Diskussion unter Dauerbeschuss, die Vergütungssätze nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz erlauben Biomasse- und Photovoltaikanlagen weiterhin keine Kostendeckung, Forschungsgelder werden unbarmherzig gekürzt.

Wer hier an das Märchen glaubt, dass der gute Stromverbraucher dem bösen Energieriesen so einfach den Saft abdrehen kann, indem er seinen Strom nur von guten Ökostromanbietern bezieht, macht die Verbraucher ungerechtfertigt zu Buhmännern einer inkonsequenten Energiepolitik. Nicht unerwähnt lassen möchte ich in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass sich in der Vergangenheit so mancher Ökostromanbieter als Wolf im Schafspelz bewies und – wie die GEW Köln mit ihrer gezielten Behinderung von Solarstromanlagen auf Privatdächern anschaulich zeigte – der schnellen Energiewende Stolpersteine in den Weg legte.

SUSANNE JUNG, Aachen