BUSHS MARSPROJEKT IST UNMENSCHLICH UND WISSENSCHAFTLICH SINNLOS
: Enterprise soll Fernsehen bleiben

Vor knapp einem Jahr verglühte die Crew des Nasa-Raumschiffs Columbia beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. Vor einem halben Jahr attestierte eine Untersuchungskommission der Nasa grobes Missmanagement und erklärte, die Behörde brauche externe Aufsicht, um Astronauten je wieder sicher ins All zu hieven. Und die Shuttle-Flotte klebt immer noch am Boden – aber US-Präsident George W. Bush verkündet fröhlich, die Nasa werde bis 2020 eine bemannte Mondbasis errichten und von dort aus Astronauten zum Mars schicken.

Auch Jean-Jacques Dordainder, Chef von Europas Raumfahrtbehörde Esa, würde gerne Menschen zu Mond und Mars schicken. Doch das ist Unsinn: Auf der einjährigen Marsreise wäre der Mensch nur gequälter Ballast. Die Schwerelosigkeit greift Muskeln und Knochen an, die kosmische Strahlung erzeugt Krebs, und die Enge der Kapsel treibt die Astronauten in die Neurose. Endlich angekommen bliebe ihnen nichts zu tun, als Steine zu klopfen und Fotos zu knipsen. Das kann Marsroboter Spirit schon jetzt. Dazu kommt das Risiko eines Unfalls: Von bisher 29 Marsflügen waren bloß 9 erfolgreich. Und die Kosten: Die ISS-Raumstation im Erdorbit etwa kostet 100 Milliarden Dollar. Wie teuer werden da erst Mondbasis und Marsflug?

Völlig gaga ist Bushs Andeutung auf weitere Reisen zu „Welten jenseits des Mars“. Außer ein paar Monden lässt sich mangels fester Oberfläche auf den äußeren Planeten nicht landen. Dahinter erstreckt sich unüberwindbar die Leere bis zum nächsten Stern unserer Galaxis. Raumschiff Enterprise ist eben nur eine Fernsehserie.

Den US-Präsidenten kümmert das wenig: Er hat seinen Wahlkampfauftritt und spendiert dafür der Nasa gerade mal 1 Milliarde Dollar für die nächsten fünf Jahre. Die eigentlichen Kosten müssen seine Nachfolger aufbringen. Die Nasa soll dagegen bis 2009 elf Milliarden Dollar aus ihrem Etat umschichten – zulasten wissenschaftlich interessanter Projekte. Bush gab bewusst ein Signal an die Europäer sich anzuschließen. Man kann nur hoffen, dass die sich nicht anstecken lassen. Es genügt, wenn ein paar unglückliche US-Astronauten den Folterflug zum Mars antreten. MATTHIAS URBACH

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