Eine Parteikandidatin für das Präsidialamt

Österreichs Regierungspartei ÖVP nominiert Außenministerin Ferrero-Waldner nun doch nicht als Unabhängige

WIEN taz ■ Für die österreichische Außenministerin Benita Ferrero-Waldner war die gestrige Nominierung zur Bundespräsidentschaftskandidatin „ein sehr bewegender Moment“. Der Vorstand der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) hatte den entsprechenden Vorschlag von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel einstimmig gutgeheißen. Das einzig Überraschende war die klare Entscheidung, Frau Ferrero-Waldner als Parteikandidatin zu deklarieren. Bis kurz vor der Sitzung war darüber spekuliert worden, die ÖVP würde lediglich ihre Unterstützung für die von einem Prominentenkomitee aufgestellte Kandidatin aussprechen. Schon letzte Woche hatte sich unter Führung des ehemaligen ÖVP-Abgeordneten Kurt Bergmann ein 15-köpfiges Komitee gegründet, dem neben Peter Mitterbauer, dem Chef der Industriellenvereinigung, auch der Maler Ernst Fuchs angehört.

Eine unabhängige Kandidatur, so Befürworter dieser Lösung, hätte die Diplomatin gegenüber dem Parteisoldaten Heinz Fischer von der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) auch für Anhänger der Freiheitlichen Partei (FPÖ) wählbar gemacht. Gleichzeitig würde die ÖVP weniger Schaden leiden, falls sich die Wähler am 25. April für den politisch sattelfesten Fischer entscheiden.

Solange die beiden noch als inoffizielle Kandidaten gehandelt wurden, lagen sie in den Umfragen Kopf an Kopf. Jüngste Meinungserhebungen weisen für Fischer allerdings einen Vorsprung von 43 Prozent gegenüber 31 für Ferrero aus. Dazwischen liegen unglückliche Erklärungen der Außenministerin zu Neutralität und militärischer Beistandspflicht. Dazu komme, so Christoph Hofinger vom Institut Sora, dass sich die Wähler der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ in letzter Zeit relativ schwer mobilisieren lassen.

Sie wolle „eine Bundespräsidentin mit Herz“ sein, „die die Türen der Welt für Österreich noch weiter öffnet“. Die frisch gebackene Kandidatin verwies auf ihre hervorragenden Kontakte in Europa: „Ich kenne die Entscheidungsträger auf allen Ebenen.“ Auch Bundeskanzler Schüssel sparte nicht mit Lob für die ihm treu ergebene Ministerin: „Sie ist für uns die Beste.“ Die Außenministerin wird bis zum Wahltag im Amt bleiben. Das erspart heikle Kabinettsrochaden und verursacht keine Versorgungsprobleme im Falle einer Niederlage. RALF LEONHARD