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Archiv-Artikel

Banken brechen eigene Regeln

Verbraucherschützer: 90 Prozent der Kontenverweigerungen sind unberechtigt

HAMBURG taz ■ Armut und Girokonto vertragen sich nicht gut miteinander – meinen jedenfalls einige Banken. Viele Menschen müssen daher ohne dieses Lebensmittel klarkommen. Verbraucherschützer ärgern sich über diese Verweigerungshaltung der Geldwirtschaft, sie rufen nach dem Gesetzgeber.

Bereits 1995 hatten Banken und Sparkassen in ihrem Zentralen Kreditausschuss (ZKA) eine Empfehlung beschlossen, wonach jedem Verbraucher zumindest ein Girokonto auf Guthabenbasis eröffnet werden soll. Die Umsetzung der freiwillige Selbstverpflichtung der Branche ist jedoch widersprüchlich. Nach den Erfahrungen der Verbraucherzentralen und Schuldnerberatungsstellen ist „ein störungsfreier Zugang zu einem Girokonto noch immer nicht zufriedenstellend gewährleistet“.

So hat die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung stichprobenartig über 2.000 Fälle erfasst, in denen der Zugang verwährt blieb. „Etwa 90 Prozent der Kontenverweigerungen sind unberechtigt.“ Auf Ablehnung stoßen vor allem überschuldete Haushalte, von denen es in Deutschland 3 Millionen gibt. „Wir unterstützen die freiwillige Selbstverpflichtung“, kontert eine Sprecherin des Bankenverbandes BdB. Der Zugang zum Girokonto „funktioniere“, Schwierigkeiten gebe es nur in Einzelfällen. Notfalls könnten sich abgewiesene Kunden an den Ombudsmann wenden, dessen Beschlüsse selbst für Citibank oder Deutsche Bank bindend seien.

Die Verweigerung eines Girokontos wird von Banken häufig mit einer negativen Schufa-Auskunft begründet. „Bei der Einrichtung eines reinen Guthabenkontos ist der Rückgriff auf die Schufa jedoch unzulässig“, kritisiert Manfred Westphal vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die oft standardisierten Ablehnungsschreiben zeigten, dass es sich nicht um Einzelfälle handle, sondern einige Banken die Empfehlung des ZKA bewusst missachteten, so Westphal. Daher sei nun der Gesetzgeber gefordert, das Recht auf ein Girokonto „rechtlich zu verankern“, wie es in Frankreich und Belgien der Fall ist.

Einige Sparkassengesetze in den Bundesländern schreiben schon das Girokonto für jedermann vor. Überhaupt gibt es mit den staatlichen Sparkassen weniger Probleme. Allerdings weigern sie sich, die private Konkurrenz zu subventionieren, indem sie unliebsame, weil wenig profitable Kunden übernehmen. Bis zu einer allgemeinen Lösung empfiehlt Kontenexperte Hartmut Strube den Gang in die Verbraucherzentralen. Banken scheuen den öffentlichen Streit um das Girokonto für jedermann. HERMANNUS PFEIFFER