der genosse trend
: Wowereit siegt auf SPD-Kosten

Scheinbar ein Phänomen: Seit Wochen bestätigt sich der Trend, dass die Regierungsparteien an Zustimmung verlieren, aber der Regierende diesem Trend trotzt. Klaus Wowereit, dessen Politik es doch ist, die SPD- und PDS-Werte schmelzen lässt, bekommt als Person immer noch die höchste Zustimmung aller Politiker in der Stadt. Ein Phänomen? Ja, aber eins, das man erklären kann.

Kommentar von ROBIN ALEXANDER

Zuerst: An der Person des Regierenden liegt es nicht. Zwar wirkt Wowereit wegen seiner offen kommunizierten Homosexualität und seinem Urberliner Wesen relativ authentisch, sogar im Fernsehen. Aber er hat seinem Image zuletzt geschadet: Sein Umgang mit der Öffentlichkeit ist verkrampfter geworden. Zuletzt traute er sich nicht zur großen Friedensdemonstration.

Nicht Person und Image machen Wowereit beliebt, sondern seine Politik. Aber besteht die nicht aus Sparen, Streichen und schmerzlichen Einschnitten? Ja, genau: Wowereit betreibt eine Politik der Notwendigkeiten unter der Parole: Zum Sparen gibt es keine Alternative.

Diese suggerierte Alternativlosigkeit ist der Kern der Strategie. Für einen Senat funktioniert das. Für linke Parteien nicht. Ihre Funktion ist es ja gerade, politische Vorstellungen über den Tag hinaus zu entwickeln. Dies gestattet ihnen aber eine Politik, die sich primär über Alternativlosigkeit legitimiert, eben nicht. Denn jede Idee über den Tag hinaus wirkt dann kontraproduktiv, sogar störend. Und wird darum besser gar nicht erst artikuliert. Die guten Werte Wowereits mögen überraschen neben den schlechten von SPD und PDS, aber sie gehören zusammen.