Irak – ein Schröder-Satz und viele Fragen

Seit der Kanzler ankündigte, vielleicht ein Bundeswehr-Lazarettflugzeug in den Irak zu schicken, streiten Union und Rot-Grün über die Subbotschaft: Militärischer Einsatz oder humanitäre Mission? Kurskorrektur oder Fortsetzung der bisherigen Linie?

AUS BERLIN JENS KÖNIG

Bei Gerhard Schröder wissen viele nicht so genau. Sie sind davon überzeugt, wenn der Kanzler etwas sage, meine er es schon genau so, aber immer auch ein bisschen anders, und zufällig sei dabei schon gar nichts. Jede Schröder-Botschaft enthalte also immer eine Subbotschaft.

Die neueste Botschaft des Kanzlers: Die Bundesregierung wird ihre Irakpolitik nicht ändern, aber humanitäre Hilfe im Irak will Deutschland leisten. Hat Schröder damit erstmals einen Irakeinsatz deutscher Soldaten in Aussicht gestellt? Soll das seine Subbotschaft sein?

Die wenigen Fakten sind schnell erzählt. Der Kanzler wurde am Mittwoch im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages von Ludger Volmer, dem außenpolitischen Sprecher der Grünen, gefragt, wie es eigentlich im Irak weitergehe. Schröder hat geantwortet, dass die Bundesregierung bei ihrer Haltung bleibe: Deutschland werde sich nicht an Kampfhandlungen im Irak beteiligen, sei aber bereit zu humanitärer Hilfe. Er sprach davon, dass es möglich sei, ein Bundeswehr-Lazarettflugzeug für Hilfseinsätze im Irak zur Verfügung zu stellen. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Anfrage von einer legitimierten Regierung Iraks komme, dass ein UN-Mandat vorliege und das US-Besatzungsregime beendet sei. Dann könne und werde die Regierung einen Nato-Einsatz nicht blockieren.

Der Kanzler hat aber klargestellt, dass ein deutscher Beitrag zu einer solchen Nato-Aktion äußerstenfalls in der Entsendung des Lazarett-Airbus „Medevac“ bestehen könne. Das wäre nicht als militärische Maßnahme, sondern als ein von Soldaten getragener humanitärer Einsatz zu verstehen. Er wisse, dass er sich mit dieser Äußerung weit vorwage, fügte Schröder hinzu, da eine entsprechende UN-Resolution noch nicht vorliege.

Über diese Äußerungen des Kanzlers in der vertraulichen Ausschusssitzung gibt es keinen Streit zwischen Regierung und Opposition – wohl aber über deren Interpretation, über die Subbotschaft also. Friedbert Pflüger, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sieht darin „keine Kehrtwende“ der rot-grünen Irakpolitik, aber immerhin eine „Kurskorrektur“. Das sei „ganz klar eine militärische Maßnahme“, sagt Pflüger zur taz.

Der CDU-Mann erinnert daran, dass die Bundesregierung die EU-Mission im Kongo im vorigen Jahr ebenfalls mit einem Lazarettflugzeug unterstützt und anschließend stolz verkündet habe, Deutschland beteilige sich am ersten eigenständigen Militäreinsatz der Europäischen Union. Pflüger begrüßt das Kanzler-Angebot als einen „Schritt in die richtige Richtung“. Es bedeute eine „echte Annäherung an die Position der Union“. Im Übrigen ist Pflüger davon überzeugt, dass Schröder seine Äußerungen ganz gezielt gemacht habe, obwohl er nicht speziell danach gefragt worden sei.

„Das ist eine boshafte Fehlinterpretation“, sagt Ludger Volmer gegenüber der taz. Er wirft Pflüger vor, gleich nach der Ausschusssitzung zu den Journalisten gerannt zu sein und sie entsprechend informiert zu haben. „Die Union will doch nur ihre Haltung zum Irakkrieg nachträglich legitimiert sehen“, meint Volmer. Für den grünen Außenpolitiker enthalten Schröders Sätze „kein einziges neues Element“. Es sei immer die Haltung der Regierung gewesen, dass Deutschland eine Nato-Aktion zur Stabilisierung des Irak nicht blockieren, sich selbst aber daran nicht beteiligen werde. Die Entsendung des Lazarettflugzeuges bewertet Volmer genauso wie Gernot Erler, sein Außenpolitik-Kollege von der SPD: „Kein militärischer, sondern ein humanitärer Einsatz.“ Für sie ist klar: Eine Subbotschaft des Kanzlers gibt es nicht.