schmickler macht ernst
: Krade opjepass!

WILFRIED SCHMICKLER: Der Mann mit der Axt holzt für die taz

Der größte Unterschied zwischen dem normalen Leverkusener und dem gewöhnlichen Kölner ist: Der Leverkusener hat keine Heimat! In Leverkusen, da gibt es nur eine Stadt und die hat Stadtteile und die haben wiederum Straßen und da wohnen die Leverkusener – und das war‘s! Weder die Bewohner von Leverkusen-Opladen-Lützenkirchen noch die Bewohner von Leverkusen-Fettehenne kämen jemals auf die Idee, ein Lied zu machen über Leverkusen-Opladen-Lützenkirchen bzw. Leverkusen-Fettehenne! Was soll man da auch singen? „Unterm Bayer-Kreuz nachts um halb drei“? Oder wie wär‘s mit: „Leverkusen, ich komm aus dir!“? Da haben Sie noch gar nicht angefangen mit dem Singen, da hört Ihnen schon keiner mehr zu!

Und deshalb hat der Leverkusener keine Heimat, weil er keine Heimatmusik hat! Wie heißt es so schön: Der Mensch erst auf die Heimat schwört, wenn er sie auch gesungen hört! Und das einzige, was der Leverkusener den ganzen Tag hört, ist das paralysierende Grundrauschen der chemischen Industrie. Vielleicht hin und wieder mal eine Feuerwehr!

Ganz anders hier in Köln! Da sprudelt aus jeder Ecke ein löstich Leedche! Da heißt es: singe, wem Gesang gegeben, und wem nicht, der singt daneben. Hauptsache Hätz und Jemöt und laache und fiere und bütze und danze und dann den ganzen Driss einmal mit dem Stabreimmixer durchgequirlt, auf kölsche Eijenart kurz aufgekocht, den schunkelbaren Dreiviertel drunter und fertig ist der Kölner Massenhauer! Die Musik lull, die Texte lall, kennste eine, dann kennste se och all.

Aber damit ist jetzt Schluss. Denn ab sofort gibt es die Kölner Geschmacks-Polizei, angeführt vom kölschen Ober-Fritz, dem selbsternannten Brauchtums-Bullen Schramma. Der hat auf der langweiligsten Proklamation aller Zeiten des dicksten Dreigestirns aller Zeiten bewiesen, dass er tatsächlich die größte Schramme aller Zeiten an der Narrenkappe hat. In Anspielung auf den „Krade-Song“ der Föös, in dem diese „alle Krade dieser Welt“ auffordern, „an d‘r Rhing ze kumme“, flehte der Oberbürgermeister den Bauern an, ihm zu helfen, damit ja keine Krade in die Stadt kämen. Schramma: „Die wollen wir hier nicht haben“ – Dick und Doof im Kampf für ein kradenfreies Köln.

„Krade“ sind nach Adam Wrede „verlotterte Trunkenbolde“ bzw. „zänkisches Gesindel“. Und davon gibt es Köln nun wirklich mehr als genug. Bester Beweis: Die Prinzenproklamation war restlos ausverkauft!