Mensch mit neuen Aufgaben

Weil die Kosten auf den Baustellen explodieren, hat Peter Strieder schon vor zwei Jahren den Münchner Unternehmensberater Roland Berger ins Haus gelassen. Nun zog der Bausenator Bilanz

VON UWE RADA

Wenn Bausenator Peter Strieder (SPD) über das „neue Denken“ in seiner Verwaltung spricht, hat er ein altes Beispiel parat: die Revierförsterei Treptow-Köpenick. Als der Förster vor einigen Jahren in Pension ging, reichte sein Nachfolger einen Antrag auf Umbau des Gebäudes beim zuständigen Bezirksamt ein. Das wiederum reichte den Wunschzettel zur Genehmigung an die Bauverwaltung weiter. „Raten Sie mal, was das kosten sollte“, macht es Strieder spannend: „380.000 Euro für den Umbau einer 80-Quadratmeter-Wohnung.“

Doch das war noch nicht alles. Nur durch Zufall hatte Strieder von diesem Antrag erfahren, denn bis dahin wurden Vorgänge dieser Art nur selten kontrolliert. „Als ich meine Mitarbeiter fragte, ob ihnen die Summe nicht hoch vorgekommen sei, haben die stolz darauf verwiesen, dass sie die Kosten schon von 420.000 auf besagte 380.000 heruntergerechnet haben“, schimpft Strieder und sagt: „An diesem Tag wäre ich am liebsten zurückgetreten.“

Doch Strieder ist nicht zurückgetreten, sondern vorangeschritten. Am Mittwochabend zog der Bausenator nun eine Bilanz dieses Fortschritts: „Völlig überteuerte Umbauten wie an der Revierförsterei wird es nicht mehr geben“, sagte er. Auch keine Kostenexplosionen bei Bauvorhaben wie der Topographie des Terrors oder der Akademie der Künste. Die haben schließlich Strieders Projektmanagement immer wieder in die Kritik gebracht. Zuletzt hatten Ende Dezember die Grünen den Bausenator zum „größten Haushaltsrisiko des Landes“ erklärt.

Es ist das „neue Denken“, das Haushaltsrisiken in Zukunft minimieren soll. Damit dieses „neue Denken“ nicht nur aus warmen Worten und Absichtserklärungen besteht, hatte Strieder schon vor zwei Jahren den Münchner Unternehmensberater Roland Berger mit einem Konzept zur Umstrukturierung der Hoch- und Tiefbauabteilung beauftragt. Herausgekommen ist eine radikale Strukturreform, die nicht nur Personal sparen sollte, sondern auch viel Geld auf den Baustellen. Statt die eigenen Mitarbeiter auf die Baugerüste zu schicken, wird nun verstärkt dort kontrolliert, wo die größten Risiken bestehen: bei Verträgen, Rechnungen, Zeitabläufen.

Dafür wurden zwei völlig neue Abteilungen gegründet, erklärt Strieders oberster Projektmanager Dirk Jordan die kleine Revolution im Hause Strieder, mit 3.000 Mitarbeitern immerhin eine der größten Verwaltungen in ganz Deutschland. Statt der Hoch- und Tiefbauabteilung gibt es seitdem ein Projektmanagement, in dem das Controlling für Neubauten stattfindet, sowie eine Abteilung Objektmanagement, in der Sanierungsmaßnahmen auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft werden. Ingenieure und technische Zeichner, die früher das Gros der Mitarbeiter in der Hoch- und Tiefbauabteilung bildeten, wurden in den Überhang geschickt. 341 der ehemals 794 Stellen in diesen Abteilungen wurden abgebaut.

Natürlich weiß auch Dirk Jordan, dass ein Mehr an Controlling mit einem Weniger an Personal keine einfache Aufgabe ist. Auch Strieders Chefkontrolleur argumentiert deshalb mit dem „neuen Denken“. „In einem ersten Schritt haben wir die Verwaltung umgebaut, im zweiten müssen nun die Mitarbeiter umlernen.“ Kurse über Vergaberecht oder Schulungen zu neuen Managementkonzepten sollen die verbliebenen Mitarbeiter fit machen für das, was Jordan den „Menschen mit Aufgaben“ nennt.

Zu den neuen Aufgaben gehört auch das „Nachtragsabwehrmanagement“. Was sich anhört wie Organisationsentwicklung unter Einsatz von Kanonen, ist in Wirklichkeit eine Reaktion auf Kostensteigerungen auf den Großbaustellen des Landes.

„Oft kalkulieren die Baufirmen so niedrig, dass es einen Gewinn erst dann gibt, wenn man hinterher Kostensteigerungen in Rechnung stellt“, sagt Strieder am Mittwoch bei seinem eigenen Abwehrmanagement gegen den Vorwurf, Haushaltsrisiko zu sein. Diesem „Nachtragsmanagement“ der Bauwirtschaft setzt Strieder nun besagtes Abwehrmanagement seiner Verwaltung entgegen. Mit Erfolg, wie der Senator betont. „Beim Olympiastadion sind wir bislang im Kostenrahmen geblieben. Hier hat sich das neue Vorgehen bereits ausgezahlt.“

Aber auch das „neue Denken“ hat seinen Preis. Den genauen will Strieders Abwehrchef Dirk Jordan nicht verraten, nur so viel: „Bei Verteidigungsminister Struck haben Bergers Mitarbeiter einen Tagessatz von 2.500 Euro bekommen, bei uns war es billiger.“ Beratungskosten dieser Art, so Jordan, würden normalerweise bei 1.000 bis 2.000 Euro pro Tag liegen. „Davon war Berger im oberen Preissegment.“ Ein hübsches Sümmchen kommt da dennoch zusammen, immerhin haben drei Mitarbeiter des Münchner Unternehmensberaters 5 Monate lang für die Bauverwaltung gearbeitet.

Was an Kosten gespart wurde, kann Jordan noch nicht beziffern. Dafür müsse das Konzept erst einmal bei weiteren Projekten wie dem Olympiastadion greifen. Und solange die 341 früheren Mitarbeiter der Hoch- und Tiefbauabteilung noch im Überhang seien, werde man nach wie vor auch Prüfaufträge an sie statt an Fremdfirmen vergeben.

Für Peter Strieder dagegen sind Zahlen kein Problem. Was er denn mit dem Umbauantrag des Bezirksamts Treptow-Köpenick gemacht habe, wurde der Bausenator am Mittwochabend bei seiner Abwehrbilanz gefragt: „Zurückgegeben“, lautete die Antwort. „Mit dem Vermerk: Nicht mehr als 50.000.“