Ein laufruhiges Produkt

Jeder Ski hat seinen eigenen Charakter. Professionell aufgezogen gibt es drei große Skitestserien in Deutschland. Die vielleicht interessanteste dürfte die von drei Tageszeitungen initiierte sein: Dort testen auch Freizeitskiläufer

VON ALEXANDER KRAFT

Es gibt Menschen, die behaupten: „Wenn Gott gewollt hätte, dass die Menschen Ski laufen, hätte er ihnen zwei Meter lange Füße gegeben.“ Und man kann sicher sein, wenn schon nicht Gott, dann hätte doch die Evolution dafür gesorgt, dass diese Auswüchse sich im Laufe der Jahrmillionen als perfekte Rutschwerkzeuge ausgebildet hätten. Bekanntlich haben die Evolution (und Gott) diese Chance verpasst. Deswegen steht die Menschheit heute vor dem Problem: Welches ist der richtige Ski? Und vor allem: für wen?

Jahrzehntelang hatte es die Industrie recht einfach: Sie baute alljährlich schöne neue Bretter, modelte ein bisschen daran herum, färbte sie neu – und fertig. Für viele Käufer wichtigstes Entscheidungskriterium war dann der Name (und der damit verbundene Preis). Doch seitdem es die Carving-Ski gibt, ist die Welt kompliziert geworden: Allround-Carver, Easy-Carver, Slalom-Carver, Race-Carver, All-Mountain-Carver und was sonst noch alles in Beratungsgesprächen durch die Sportshops geistert.

Dass es sich dabei keineswegs nur um marketingstrategische Kampfbegriffe handelt, weiß spätestens ein jeder, der diese unterschiedlichen Dinger mal untergeschnallt hatte und im direkten Vergleich gefahren ist. Die Differenzen zwischen den einzelnen Kategorien sind enorm. Aber auch innerhalb einer Kategorie sind, von Hersteller zu Hersteller, merkliche Unterschiede vorhanden. Jede Latte hat ihren eigenen Charakter.

Professionell aufgezogen gibt es drei große Testserien in Deutschland. Die vielleicht interessanteste dürfte die von drei Tageszeitungen initiierte sein: Denn dort nudeln neben Profis (Ex-Weltcup- und Firmenfahrer) auch ganz normale (Freizeit-)Skiläufer auf den fast serienreifen Brettern herum. Das sorgt für Bodenhaftung. Üblicherweise Ende April ziehen sich die Probeflitzer in die höheren Bergregionen zurück und reiten auf so etwas Ähnlichem wie Schnee mit den Erlkönigen die Hänge ab. Alle halbe Stunde ein anderes Modell, da spürt selbst der Laie deutliche Unterschiede.

Insgesamt kommen die Tester zu recht erstaunlichen (weil übereinstimmenden) Resultaten: Zwar mault der eine über den „Pisten-Opel“, während der Nächste dasselbe Modell für einen guten Einsteigerski hält – meinen tun sie aber dasselbe: ein laufruhiges, Fahrfehler verzeihendes Produkt. Wie sich das dann in Testberichten niederschlägt … tja, am Ende klingen die Beschreibungen alle recht fetzig (fast so schön wie bei der Industrie), was auch daran liegen mag, dass sich bei der heutigen Marktdichte kein Produzent einen Ausrutscher leisten kann.

Am Ende hat doch der Käufer die Qual der Wahl, denn am treffendsten drückte es ein Tester aus, der meinte: „Am besten, jeder Skifahrer könnte selbst mal die Unterschiede erfahren. Dann weiß er, welches ‚sein‘ Ski ist.“ Doch was nutzt das schönste Geteste, wenn sich wegen Schneemangels am Ende eh alle auf den Gletschern auf den Füßen stehen?

Internetadresse des Skitests: www.sued deutsche.de/reise/special